389 Einsätze – 389 Geschichten

Im vergangenen Jahr 2016 sind die ehrenamtlichen Helfer der Freiwilligen Feuerwehr Wedel zu 389 Einsätzen ausgerückt. Gruppenführer Kai Koch im Gespräch über die Geschichten hinter dieser Zahl.

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Kai Koch, Gruppenführer LF 10

Holger Koschek: Wie bewertest du die Zahl von 389 Einsätzen, Kai?

Kai Koch: In Anbetracht der Tatsache, das wir 2016 nur wenige unwetterbedingte Einsätze hatten, ist die Anzahl ganz beträchtlich.

31 Einsätze weniger als im Vorjahr, aber 77 Einsätze mehr als im Jahr 2014 – ein klarer Trend ist da nicht zu erkennen.

Auf den ersten Blick stimmt das. Vergleicht man aber die Zahlen der letzten 5-10 Jahre, dann ist ein klarer Aufwärtstrend zu erkennen. Und schauen wir auf die Art der Einsätze, dann stellen wir fest, dass wir im vergangenen Jahr kein großes Feuer hatten.

Interessant. Gab es denn kleinere Feuer?

Ja. Hauptsächlich beschäftigten uns Brände von Papiercontainern und Haushalts-Elektrogeräten. Zu den Papiercontainern gesellte sich im vergangenen Jahr die neue Papierpresse einer Wedeler Druckerei. Ein offenbar technisches Problem sorgte wiederholt für Glutbildung in der Presse. Dadurch wurde dass gepresste Papier entzündet.

Aber auch die Elektrogeräte sind nicht zu unterschätzen. Aus einer brennenden Spülmaschine kann sich in kurzer Zeit einen Küchenbrand bis hin zu einem ausgedehnten Wohnungsbrand entwickeln. Wir hatten bisher immer Glück, dass die Bewohner die Vorfälle schnell bemerkten und wir schnell vor Ort sein konnten.

Ist das den Rauchmeldern zu verdanken, die seit mehreren Jahren zur Pflichtausstattung gehören?

In der Tat. Seit dem 1.1.2011 müssen alle Wohnungen in Schleswig-Holstein mit Hausrauchwarnmeldern ausgerüstet sein. Alle Schlafzimmer, alle Kinderzimmer und alle Flure, über die ein Rettungsweg aus Aufenthaltsräumen führt, müssen jeweils mit mindestens einem dieser Geräte ausgestattet sein. Scheinbar eine nervige Angelegenheit für Bewohner und Hausbesitzer – und für die Feuerwehr. Betrachten wir mal folgendes – realistische – Szenario: Irgendwo piept es, die Feuerwehr kommt, währenddessen hat der Bewohner oder ein Dritter das kokelnde Holzbrett von der heißen Herdplatte genommen, die Feuerwehr fährt unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Natürlich können wir unsere Freizeit auch besser verbringen als festzustellen, dass nichts passiert ist.

Aber was wäre, wenn wir doch gebraucht werden? In vielen Fällen Hätten die Bewohner das Problem wahrscheinlich erst dann bemerkt, wenn der Rauch bereits in die anderen Zimmer gezogen wäre. Dazu kommen auch dieses Jahr wieder mehrere Fälle, in denen Nachbarn die Feuerwehr gerufen haben, weil nebenan ein Rauchmelder piepte. Wir fanden die Bewohner schlafend in seiner Wohnung vor, während in der Küche die Frikadellen den Aggregatzustand von „Holzkohle“ zu „gasförmig“ wechselten. In einem Fall war die Wohnung menschenleer, und auf dem Herd brannte das oben erwähnte Holzbrett. Dieses Feuer wäre wahrscheinlich erst bemerkt worden, wenn sich Brandrauch im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses gebildet hätte. Damit wären die Personen in den darüber liegenden Stockwerken eingeschlossen gewesen und hätten von uns unter großem Aufwand evakuiert werden müssen.

Der Slogan "Rauchmelder retten Leben" ist also nicht übertrieben?

Keineswegs. Beim Thema Küchenbrand möchte ich außerdem darauf hinweisen, dass die Fettfilter in Dunstabzugshauben große Mengen Fett und Öl speichern, die von einem brennenden Topf schnell entzündet werden. Daraus entwickelt sich innerhalb weniger Minuten ein ausgedehnter Wohnungsbrand. Die Aufgabe der Rauchmelder ist es, Bewohner rechtzeitig zu warnen, damit diese noch sicher die Wohnung oder das Haus verlassen können. Um den Rest kümmern wir uns dann, denn wir haben die passende Ausbildung und Ausrüstung.

Aber ihr seid nicht zu 300 piependen Rauchmeldern gefahren, oder?

Nein, aber mehr als ein Zehntel aller Einsätze gingen auf das Konto der Rauchwarnmelder. Bei 68 Einsätzen hatte eine Brandmeldeanlage ausgelöst, wie wir sie in öffentlichen Gebäuden und Betrieben finden. Meist Fehlalarme, aber auch hier ist immer volle Konzentration gefragt, denn irgendwann ist tatsächlich etwas passiert – und dann müssen wir schnell sein.

Eine Besonderheit der Freiwilligen Feuerwehr Wedel ist die Elbe, die zu eurem Einsatzgebiet gehört.

Das stimmt. Sportboote in Not, ins Wasser gestürzte Personen oder andere Hilfeleistungen fordern unsere beiden Mehrzweckboote gerade in den Sommermonaten. Auch wenn dieses Jahr alle Vorfälle glimpflich abgegangen sind, ist es teilweise erschreckend, mit welcher Unkenntnis sich einige Wassersportler auf die Elbe wagen. Die Elbe ist eine Bundeswasserstraße, ein  Seeschifffahrtsweg. Und sie ist ein Tidengewässer mit schwer einzuschätzenden Strömungen. Wenn Wind und Ebbe oder Flut gegeneinander wirken, dann ist die daraus resultierende Welle beachtlich hoch. Hinzu kommt, dass der Abstand zwischen Fahrrinne und Wedeler Ufer bis zu 900 Meter beträgt. Das schafft kein Schwimmer.

Ist 2016 auf der Elbe etwas Berichtenswertes passiert?

In einem Fall verlor eine Segelyacht bei schlechtem Wetter Ihr Ruder. Die drei Herren an Bord fielen uns zuerst auf, weil sie Ihre aufblasbaren Schwimmwesten unter Ihren Wetterjacken trugen. Dort nützen die wenig. Beim Versuch, eine Leinenverbindung zum Havaristen herzustellen, mussten wir dann feststellen dass keiner der drei in der Lage war, eine Leine am Boot zu befestigen.

Eine andere Segelyacht versuchte in völliger Unkenntnis des Reviers und ohne Seekarte, den Weg zum Hamburger Yachthafen abzukürzen, und endete bei ablaufenden Wasser auf einem Stack. Gerade Nachts und bei schlechtem Wetter sind Einsätze auf der Elbe auch für uns nicht ungefährlich. Mängelhafte Vorbereitung oder selbstüberschätzung der Hobbyskipper bringen daher nicht nur die Segler in Gefahr, sondern auch die zur Hilfe eilenden Einsatzkräfte.

Bemerkenswert waren außerdem die vielen Erkundungsfahrten wegen angeblicher Ölflecken auf der Elbe. In den meisten Fällen erwiesen sie sich als Fehlalarme, verursacht durch Spiegelungen im Wasser, oder sie waren so klein und dünn, dass eine Bekämpfung nicht möglich war.

Der Schutz unserer Umwelt wird zunehmend wichtiger, nehme ich an.

Die Beseitigung von Umweltverschmutzungen fällt oft in unseren Aufgabenbereich. 2016 war ein Jahr der Ölspuren. Neben vielen kleineren Ölspuren gab es einen zeitintensiven Einsatz, als ein Bus auf dem Busbahnhof sein Hydrauliköl verloren hatte. Mehrere Kameraden waren mehrere Stunden damit beschäftigt, Ölbindemittel zu verteilen. Erschwerend kam hinzu, dass die Oberflächenentwässerung dieses Bereiches in die Wedeler Au mündet. Am entsprechenden Ablauf mussten daher Ölsperren und Öl absorbierendes Material ausgebracht werden.

In einem anderen Fall verlor der Transporter eines Kurierdienstes Öl, das sich entlang seiner Route durch das halbe Moorweggebiet sowie einige Straßen im Bereich Wiedestraße verteilte. Auch hier dauerte es mehrere Stunden, bis alle Ölflecken beseitigt waren.

Das Öl stellt nicht nur eine Umweltgefahr dar, sondern verölt auch die Reifen eines Autos, die daraufhin ins Rutschen geraten können. Auch beim Durchfahren einer Ölspur rutschen die Räder stark. Wenn die Feuerwehr Ölspuren großflächig sperrt und auch für einen gewissen Zeitraum Parkplätze oder private Grundstücke nicht angefahren oder verlassen werden können, so dient das nicht nur der Sicherheit der auf der Straße arbeitenden Feuerwehrangehörigen, sondern insbesondere der Sicherheit aller Bürger.

Wer haftet eigentlich für den entstandenen Schaden?

Der Verursacher. Im Regelfall ist der Halter für den technischen Zustand seines Fahrzeugs verantwortlich. Wenn beispielsweise an einem Sonntagnachmittag 25 Feuerwehrangehörige drei Stunden lang ca. 1 Tonne Ölbindemittel ausbringen, dieses von vier Mitarbeitern des städtischen Bauhofs mit zwei Kehrmaschinen aufgenommen und anschließend entsorgt wird, schließlich die Maschinen gereinigt, Schilder aufgestellt und einzelne Punkte noch durch eine Fachfirma gereinigt werden müssen, dann wird die Stadt diesen Aufwand dem Fahrzeughalter in Rechnung stellen. Daran sollten alle denken, wenn sie 20€ für eine neue Ölleitung einsparen wollen.

Ein guter Hinweis. Man kann sich zwar auf euch verlassen, darf aber gerne auch mitdenken, um unnötige Einsätze zu vermeiden.

Das auf jeden Fall. Wir helfen gerne, und wer in Not ist, soll sich nicht scheuen, die Feuerwehr zu rufen. Wenn aber zwei junge Männer einen auf die Straße gerollten Weihnachtsbaum bei der Einsatzleitstelle melden, anstatt ihn selber zu entfernen, dann dürfen sie kaum auf Freude bei den Einsatzkräften hoffen, die für solch eine Bagatelle nachts aufgestanden sind oder nachmittags von Ihren Familien weggerufen wurden.

Aber egal welche Notfälle, Unfälle oder Kuriositäten uns 2017 erwarten: wir sind für alle Bürgerinnen und Bürger in Wedel da – rund um die Uhr.

(Holger Koschek/Feuerwehr Wedel/20.4.17)

Letzte Änderung: 17.12.2019

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