Der Opferstein am Riesenkamp

„Hinter meinem Norder-Garten / liegt ein kleines Höltzlein / der Wyde geheißen / hinter diesem Wäldlein / war noch für etlichen Jahren ein ziemlich grosser / runder Platz / der Riesenkampf genennet …​ Dieser Riesenkampf war rund umher besetzet mit grossen Steinen / welche / wie eine starcke Maur waren anzusehen. …​ Fast in der Mitte dieses Riesenkampfes / lag ein überauß grosser Stein / fast wie ein kleines Hauß …​ Dieser erschreckliche grosse Stein / hatte vier Absätze oder Stiegen / die gleichwol nur grob waren ausgehauen / man nennete ihn der Riesen Opferstein / und sahe er recht oben …​ nicht anders auß / als wann er natürlich mit Blut und Gehirn durch einander wäre bestrichen oder besprenget / und dieweil dieses eine so treffliche Antiquität / habe ich in Sommerzeiten / mit den Meinigen / manche Abendmahlzeit auff diesem Heydnischen Altar gehalten …​ da wir dan nach vollbrachter Malzeit auff diesem Heydnischen Altar / (da unsere Vorfahren dem leidigen Teufel hatten gedienet und geopfert / ja wol Menschen geschlachtet) mit schönen geistlichen Liedern und Lobgesängen / den wahren Gott und eintzigen Schöpfer Himmels und der Erden / hertzlich pflegen zu preisen.”

Soweit die Beschreibung des Dichters und Pastors Johann Rist in den sechsten und letzten seiner Monatsgespräche mit dem Titel "Die alleredelste Zeit-Verkürtzung der Gantzen Welt" aus dem Jahr 1668 über den Opferstein in Wedel.

Dieser Stein soll, so schreibt er an anderer Stelle, bereits zu seinen Lebzeiten eingegraben worden sein. Über die umstehenden Bäume berichtete er, dass sie abgeholzt wurden, um sie nach Holland zu verkaufen.

In einigen Heimatbüchern hat der Stein Erwähnung gefunden. Im Jahr 1907, so steht in dem Buch „Vor den Toren der Großstadt“, soll man bei einer Grabung auf einen auffällig großen Stein gestoßen sein, doch wurde die Grube wieder eingeebnet. In dem Wedeler Heimatbuch von 1962 wird berichtet, das 1906 der damalige Altonaer Museumsdirektor die Stätte untersucht hätte und dieser die Schilderungen Rists als blühende Phantasie abtat. Im Buch von Claus Ahrens „Vorgeschichte des Kreises Pinneberg und der Insel Helgoland“ von 1966 wird der Standort des als Steingrab bezeichneten archäologischen Denkmals in der Wiedestraße angegeben.
Sollte dies zutreffen, so wäre die Straßenbezeichnung Riesenkamp unkorrekt. Aber stand er wirklich an der Wiede oder ist er woanders zu suchen?

Beginnen wir die Suche zunächst mit dem Ort des Nordergarten von Johann Rist. Er soll sich in fußläufiger Entfernung zum Pastoratsgebäude befunden haben. Und müsste dem Namen nach im Norden gelegen haben. Eine weitere von Rist selbst aufgeschriebene Ortsbezeichnung lautet Wyde. Nun gibt es auf alten Flurkarten Wedels keine Wyde, sondern nur Wieden, eine Flurbezeichnung die gleich mehrfach genannt wird und nach Wolfgang Schmidt „Die Flurnamen der Gemarkung Wedel, ihre Lage und ihre Bedeutung“ von 1987 als Wald zu deuten ist. Das Gebiet mit den Nennungen Wieden liegt etwa zwischen den Straßen Gärtnerstraße/Steinberg und Pinneberger Straße, nördlich vom „Redder“, auf dem heute das Gymnasium steht. Neben diesen Flurbezeichnungen aus Karten und Erdbüchern von 1790 und 1815 gab es noch einen „verdächtigen“ Flurnamen, nämlich „Auffm Langen Stein“. Diese Bezeichnung, die auf ein Steingrab hinweisen könnte, wurde schon 1597 erwähnt, findet sich aber nach 1702 nicht mehr in den Unterlagen. Sie ist heute nicht mehr konkret lokalisierbar. Schmidt vermutete sie aber auch an der Wiedestraße, etwa neben der heutigen Steinberghalle. Auch hier lässt der Flurname Steenbarg, oder Steinberg auf viele Steine schließen. Vermutlich hat der Oferstein dort gestanden und ist wie so viele archäologische Denkmäler als "Steinbruch" dem Straßen- oder Gebäudebau zum Opfer gefallen.

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