Rist Biographie

Der Wedeler Pastor und Dichter Johann Rist (1607–1667) ist bis heute als Autor zahlreicher geistlicher und weltlicher Schriften weit über Wedels Grenzen hinaus bekannt. Er besaß umfassende Kenntnisse der Theologie, Philosophie, Geschichte, Kunst, Naturwissenschaften und Medizin und gründete 1656 eine eigene Sprachgesellschaft, den „Elbschwanenorden“. Einige seiner Texte sind im Evangelischen Gesangbuch zu finden – aber auch in Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium.

Johann Rist wurde am 8. März 1607 in Ottensen (heute ein Stadtteil Hamburgs) geboren. Sein Vater Caspar Rist stammte aus Franken und war Pastor. Rist war das erste Kind der Familie – sieben weitere sollten folgen. Rist wurde anfangs von seinem Vater unterrichtet.

1618 – Rist ist gerade erst 11 Jahre alt – brach der Dreißigjährige Krieg aus. In den nächsten drei Dekaden wurden insgesamt um die 15.000 Dörfer zerstört. Etwa acht Millionen Menschen überlebten den Krieg nicht. Auch Rist selbst war von den Kriegshandlungen mehrfach betroffen. 

Im Alter von 12 Jahren kam er auf die Hamburger Gelehrtenschule Johanneum. Danach besuchte er das Gymnasium Illustre in Bremen, eine Zwischenstufe zwischen Schule und Universität. 

1626, mit 19 Jahren, verließ Rist die Weserstadt und zog an die Ostsee: Er begann ein Studium in Rostock, vermutlich aber nur als Begleiter anderer Studenten aus Hamburg – in den Matrikellisten der Universität ist er nicht zu finden. Folgt man Max von Waldbergs Eintrag in der Allgemeinen Deutschen Biographie, studierte Rist nicht nur Theologie, sondern auch orientalischen Sprachen, Botanik, Mathematik, Chemie und Heilkunde; Letztere vor allem, weil sie ihm für seinen Wunschberuf als Landpfarrer überaus nützlich schien. 

Als Rostock von Wallenstein besetzt wurde, verließ Rist – wie viele andere Studenten auch – die Stadt. Zwischenzeitlich erkrankte er an der Pest, überlebte aber die Epidemie.

Erst 1629 setzte Rist sein Theologie-Studium an der Universität Rinteln fort. Hier wurde er von Josua Stegmann, einem führenden Theologen und berühmten Dichter von Kirchenliedern, unterrichtet. Doch schon ein Jahr später vertrieben ihn auch hier die Wirren des Krieges.

Rist landete schließlich wieder in Hamburg, wo er mit Ernst Stapel Theaterstücke schrieb und auch als Schauspieler auftrat. Stapel, ursprünglich aus Lemgo stammend, hatte ebenfalls in Rostock studiert. Er starb 1635. 

1633 wurde Rist Hauslehrer bei dem Landschreiber Heinrich Sager in Heide. Hier veröffentlichte er seine ersten Werke. In demselben Jahr verlobte er sich Elisabeth Stapel, Ernsts Schwester. 

Erst 1634 gelang es Rist, das Prediger-Examen in Bückeburg zu absolvieren. Ein Jahr später erhielt er die Pfarrstelle in Wedel – dank der Unterstützung des Pinneberger Amtmanns Franz Stapel, Bruder von Elisabeth und Ernst. Auch die Eheschließung mit Elisabeth wurde vollzogen.

Auf dem Kirchengrundstück, das sich etwa bis zur heutigen Pinneberger Straße erstreckte, legte Rist zwei Gärten an. Er hatte neben einer landwirtschaftlich genutzten Fläche den kleineren „Südergarten“ mit Zierpflanzen und den größeren „Nordergarten“ mit Obst, Gemüse und Heilpflanzen.

Rist widmete sich nicht nur seinen Gärten und seiner Gemeinde, sondern auch weiterhin der Schriftstellerei. 1642 etwa veröffentlichte er seine Sammlung „Himmlische Lieder“. 

Ein Jahr später marschierte eine starke schwedische Armee unter General Torstensson durch das Land – er führte den Kriegszug gegen Dänemark an. Rist rettete sich und seine Familie nach Hamburg. Sein Anwesen und seine Gärten werden vollständig zerstört. 1645 beendete der Friedensschluss von Brömsebro den Krieg in Holstein vorläufig.

Rist wurde Mitglied im Nürnberger „Löblichen Hirten- und Blumenorden an der Pegnitz“ unter dem Ordensnamen „Daphnis aus Cimbrien“ sowie in der 1617 gegründeten Weimarer „Fruchtbringenden Gesellschaft“ („Palmenorden“), in der er den Namen „Der Rüstige“ trug. Auf Porträts trägt Rist ein Medaillon, auf dem eine Palme abgebildet ist.

„Offiziell“ endete der Dreißigjährige Krieg 1648 mit dem Westfälischen Frieden, aber noch ein Jahr später veröffentlichte Rist ein Theaterstück mit dem Titel „Das Friedewünschende Teutschland“. 

Seine Veröffentlichungen von Gedichtbänden und geistlichen Liederbüchern machten Rist populär. Er knüpfte zahlreiche Kontakte zu höhergestellten Kreisen, nutzte seine Aufstiegschancen aber bewusst nicht – seine Stellung als Pastor und freischaffender Dichter in einer Landgemeinde zog er dem Leben bei Hofe vor. Auch seine botanischen und medizinischen Kenntnisse konnte er im ländlichen Wedel anwenden. 

Dennoch ernannte Kaiser Ferdinand III. ihn 1653 zum „Poeta laureatus“ und verlieh ihm den Adelstitel eines Hofpfalzgrafen (Comes Palatinus Caesareus). Zudem bekam Rist ein Wappen – es zeigt einen Schwan und einen Lorbeerkranz. Seine neuen Titel erlaubten es dem Pastor, ebenfalls Dichter zu krönen, Notare zu ernennen und Adels- und Wappenbriefe sowie akademische Würden auszustellen. Zudem hatte er die Vollmacht in manchen Fällen des – wie es heute heißen würde – „Familienrechts“ (etwa die Legitimation unehelicher Kinder, Volljährigkeitserklärungen, Adoptionsbestätigungen etc.). Diese Privilegien nutzte Rist fleißig – gegen Bezahlung, die ihm ein kleines Vermögen einbrachte. 

Zwischen 1656 und 1660 gründete Rist seine eigene Sprachgesellschaft, den „Elbschwanenorden“ (Mitgliedsname „Palatin“). Er diente „zur Bereinigung der deutschen Sprache“. Mitglied durften nur Männer werden, die der deutschen Sprache so mächtig waren, dass sie Gedichte schreiben konnten. Alle Mitglieder wurden dazu angehalten, die deutsche Sprache weiter zu entwickeln und eigene Werke zu publizieren. 

1657 wurde Schleswig-Holstein erneut durch kriegerische Auseinandersetzungen im Zuge des Zweiten Nordischen Krieges in Mitleidenschaft gezogen. Abermals waren es schwedische Truppen, die über Wedel herfielen. Zum zweiten Mal floh Rist nach Hamburg, wieder wurden die Kirche, das Haus und seine Gärten verwüstet – auch seine Bibliothek ging unwiederbringlich verloren, darunter einige seiner Schauspiele, die nur handschriftlich vorhanden waren.

Nach langer Krankheit starb Elisabeth, seine Ehefrau, 1662. Fünf Kinder waren aus der Ehe hervorgegangen, von denen drei die Kindheit überlebten. Zwei Jahre später heiratete Rist erneut: Die Witwe Anna Hagedorn.

Die unter dem Titel „Monatsgespräche“ (1663–67) zusammengefassten sechs Prosadialoge sind Rists letzte Veröffentlichung. Alle diese Gespräche beginnen mit einem Spaziergang im Garten und mit ausführlichen Erörterungen, in denen die im jeweiligen Monat blühenden Pflanzen im Mittelpunkt stehen. In der Tradition barocker Streitgespräche wird jeweils ein bestimmtes Thema behandelt, z.B. was das edelste Nass der ganzen Welt sei – Milch, Wein, Wasser oder Tinte. Johann Rist bewegt sich mit diesen ersten Monatsschriften im Vorfeld des Journalismus. 

Am 31. August 1667 starb Johann Rist in Wedel. Am 12. September wurde er nach einer großen Trauerfeier in einem Grab in „seiner“ Kirche bestattet. Der Hamburger Musikdirektor Christoph Bernhard spielte die eigens für Rist komponierte Trauermusik „Der letzte Schwanengesang“ („Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte“).

Rist schrieb 30 Dramen, über 200 weltliche Gedichte und Lieder, über 659 geistliche Lieder, Bücher und Artikel. Der Elbschwanenorden jedoch ging mit Rists Ableben wieder ein.

Verwendete Literatur:
Waldberg, Max von, "Rist, Johann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 30 (1890), S. 79-85 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/ppn118745425.html?anchor=adb
Frank, Horst Joachim: Johann Rist, in: Ders.: Literatur in Schleswig-Holstein. Von den Anfängen bis 1700, Neumünster 1995, S. 330-387. ·
Diecks, Thomas, "Rist, Johann von" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 646-647 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/ppn118745425.html 

Text: Juni 2015 von L. Stahn für das Stadtarchiv Wedel

Kulturprogramm bei der Johann-Rist-Gesellschaft Wedel

 

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