Fulminanter Rist-Abend

Gründungskonzert der Johann-Rist-Gesellschaft in der Immanuelkirche am Roland

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Mitglieder des Ensemble Schirokko und der Cimbrischen Kantorei bereiteten dem Publikum einen Genuss mit Gänsehaut-Gefühl - im positiven Sinn.
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Kraftvoll und prononciert im Vortrag: Günther Hagemann.

Was für ein Auftakt! Mit einer sowohl inhaltlichen wie auch formalen Glanzleistung führte sich die Johann-Rist-Gesellschaft in die Wedeler Kulturszene ein. Das Gründungskonzert der Gesellschaft begeisterte wohl alle in der komplett ausverkauften Immanuelkirche. Anspruchsvolle Literatur - Passagen aus "Das Treffen in Telgte" - wurde kombiniert mit Musik aus dem Barock exzellent präsentiert.

Zugegeben: Was Matthias Dworzack, Vorsitzender der Johann-Rist-Gesellschaft, und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter von den Gästen abforderten, war eindeutig anstrengender als Radio-Einheits-Gedudel mit "Hits der 70er, 80er und dem Besten von heute" samt debil plapperndem Ansager - was aber heutzutage schon von mancheinem als Kultur verstanden wird. Denn Günter Grass liest man nicht mal eben so locker weg, wie ein Exemplar aus der steigenden Krimi-Flut oder einen 0/8-15- Fantasy-Schinken. Und wenn man Durchschnitts-Bürger nach Musikern fragt, werden die Namen Dieter Bohlen, Andrea Berg und Mickie Krause wohl häufiger genannt als Heinrich Schütz, Claudio Monteverdi und Heinrich Albert. Aber das heißt noch lange nicht, dass die in der Immanuelkirche jetzt dargebrachten Texte und Musikstücke nur eine kulturelle Oberschicht packen konnten. Im Gegenteil: Der Anspruch der Rist-Gesellschaft, das Leben und Werk des Wedeler Genies aus dem 17. Jahrhundert für ein breiteres Publikum aufzubereiten, wurde fulminant erfüllt.

Zu verdanken war dies zum einen Günter Hagemann, dem Intendanten des Theater Wedel, der Passagen aus dem von Grass erfundenen "Treffen in Telgte" rezitierte. Mit Stimmkraft und akzentuiert präsentierte er die Grass'schen Gedanken über das Gipfeltreffen der barocken Intellektuellen. Zu verdanken war es zudem den Musikerinnen und Musikern des "Ensemble Schirokko" plus den Sängerinnen und Sängern der "Cimbrischen Kantorei" sowie den Solisten Ina Siedlaczek, Beat Duddeck, Florian Sievers und Bernd Leo Treumann, die mit ihrem klangvollen Können die Zuhörerinnen und Zuhörer ergriffen. Ja, man mochte sich fallen lassen in diese Art von Musik, selbst wenn im normalen Alltag vielleicht der Bezug zu ihr nicht ganz so eng ist.

Und zu verdanken war der Erfolg auch Matthias Dworzack selbst, der belegte, dass alte Musik keine ernst-steife Angelegenheit sein muss, sondern fröhlich das Publikum motivierte, bei "Anke von Tharaw" - ähnelt dem bekannteren "Ännchen von Tharau" - in die Refrains mit einzustimmen, obwohl die damalige Sprache sich vom heutigen Deutsch doch erheblich unterscheidet - die Fröhlichkeit jedenfalls sprang aufs Publikum über.

So hofft man denn, dass diese Veranstaltung keine Eintagsfliege war und Sponsoren wie die Stadtsparkasse, die Kulturstiftung der Stadt Wedel, der Kreis Pinneberg, Secumar und der Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein, dessen Propst Thomas Drope mit farbigen Worten in die Thematik "Rist" eingeführt hatte, weiterhin gewogen sein werden. Aber der Beitritt vieler zur Johann-Rist-Gesellschaft würde auch schon etwas weiterhelfen. (Jörg Frenzel/kommunikateam GmbH, 15.11.2016)

Letzte Änderung: 17.12.2019

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