Kraft durch Musik und wunderbare Menschen

wedel.de-Interview mit dem Komponisten und Konzertpianisten Gerhard Folkerts

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So fühlt sich Gerhard Folkerts am wohlsten:  mit Ehefrau Petra am Klavier.
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So fühlt sich Gerhard Folkerts am wohlsten: mit Ehefrau Petra am Klavier., So fühlt sich Gerhard Folkerts am wohlsten: mit Ehefrau Petra am Klavier.
Die Musik-Legende Mikis Theodorakis - Gerhard und Petra Folkerts besuchten ihn beim Konzert im Olympia-Stadion zu seinen Ehren.
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Die Musik-Legende Mikis Theodorakis - Gerhard und Petra Folkerts besuchten ihn beim Konzert im Olympia-Stadion zu seinen Ehren., Die Musik-Legende Mikis Theodorakis - Gerhard und Petra Folkerts besuchten ihn beim Konzert im Olympia-Stadion zu seinen Ehren.
Fruchtbare Zusammenarbeit: Mit Rolf Becker und Julia Schilinski bildet Gerhard Folkerts das Ensemble "Andartis"
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Fruchtbare Zusammenarbeit: Mit Rolf Becker und Julia Schilinski bildet Gerhard Folkerts das Ensemble "Andartis", Fruchtbare Zusammenarbeit: Mit Rolf Becker und Julia Schilinski bildet Gerhard Folkerts das Ensemble "Andartis"

Auch wenn er selbst die Tatsache eher abwiegelt: Gerhard Folkerts ist im Ausland kein Unbekannter, zugegebenerweise nicht im Pop-Massenmarkt, sondern in anspruchsvolleren Nischen. Er ist viel unterwegs  –  in Wedel tankt er die Kraft dafür. wedel.de hat ihn besucht.

wedel.de: Herr Folkerts, in Wedel machen Sie sich rar. Was waren die schönsten musikalischen Erlebnisse der letzten drei Jahre?
Gerhard Folkerts: Vor kurzem waren meine Frau und ich dabei, als über 50.000 Griechen im alten Olympia-Stadion in Athen ihren großen Komponisten Mikis Theodorakis ehrten, indem sie – wie auch der griechische Staatspräsident und der Parlamentspräsident – das Konzert besuchten, in dem 1.000 Sänger, fünf Vokalsolisten und ein großes Sinfonieorchester Theodorakis Werke vortrugen.
Im Mai dieses Jahres hatte im Theater Meppen ein Konzert Premiere, dessen Konzeption ich entwarf und das Julia Schilinski, Rolf Becker und ich zusammen aufführten. Der Erlös dieses Konzertes, das 6.000 Euro einbrachte, war für  Kinder in Syrien bestimmt. Ein deutscher Ingenieur hilft dort, dass Waisenkinder eine Schulbildung erhalten. (
www.syrienhilfe.org)
Das größte musikalische Ereignis für mich war das Konzert mit Maria Farantouri mit einem Theodorakis-Programm im letzten Jahr in Darmstadt.

Weshalb?
Maria Farantouri ist ein Weltstar, und ich fühlte mich geehrt, sie begleiten zu können. Maria Farantouris Interpretationen der Theodorakis-Lieder gehen um die Welt. Dies dokumentieren viele viele CDs. Sie kennt jeden Text, jede Melodie der 1.000 Lieder des griechischen Komponisten Theodorakis. Aber sie singt nicht nur seine Vertonungen, sondern auch türkische Musik wie im vergangenen Jahr in der Großen Laeisz<s>t</s>halle in Hamburg oder Jazz, wie vor drei Jahren mit amerikanischen Musikern in der New Yorker Carnegie Hall. Ein schönes Konzert gab ich mit der New Yorker Sängerin Lina Orfanos in Chania auf Kreta.- Übrigens: Ich freue mich auch immer, wenn ich in Wedel auftreten kann..

Sie haben über Mikis Theodorakis promoviert. Wie hat er Ihr Buch „Mikis Theodorakis - Seine musikalische Poetik“ aufgenommen?
Er gab seiner Freude in einem warmherzigen Brief Ausdruck. Es gibt ja nur wenige deutschsprachige Veröffentlichungen über sein Werk.

Was waren die Schwerpunkte Ihrer Doktorarbeit?
Die Untrennbarkeit der persönlichen Haltung und Kompositionsweise von Theodorakis in der jeweiligen geschichtlichen Zeit, in der er lebte und lebt – Diktatur, Zweiter Weltkrieg, griechischer Bürgerkrieg, Militärdiktatur, wirtschaftliche Not heute  – , der Einfluss westeuropäischer Musikstile, griechischer Volksmusik und arabisch-türkischer Harmonik, Rhythmik und Melodik auf seine Kompositionsweise. Ferner untersuchte ich die Bedeutung der griechischen Mythologie in seiner letzten Schaffensphase, der Opern-Tetralogie Antigone, Elektra, Medea, Lysistrata.

Sie sind selbst Komponist. Was wäre von Theodorakis zu lernen?
Seine Unbeugsamkeit heute und damals. Und: Die Hinwendung zu den Menschen, die Suche nach dem Dialog mit den Hörern, seine Forderung, verständlich, ohne populistisch zu sein, dem rapiden Niedergang abendländischer Musikkultur, verursacht durch ein extremes musikalisches Bildungsdefizit, entgegenzutreten.
Musik bleibt Ausdruck ihrer Zeit, wie die Malerei und die Literatur. Die Auseinandersetzung mit den Kompositionen unserer Zeit wird verdrängt. Die Menschen lassen sich berieseln von den Produkten der Ware Musik, die nur eins möchte: verkauft werden
.

Woran arbeiten Sie zur Zeit?
An Kompositionen für den chinesischen Countertenor Meili Li für ein gemeinsames Konzert;
an einem Klavierprogramm für einen Soloabend in Rom mit Werken von Brahms, Folkerts, Mendelssohn und Telemann. Auch bin ich beschäftigt mit der Musik für einen Dokumentarfilm über das Jahr 1918 und den Matrosenaufstand in Kiel, der voraussichtlich  Ende nächsten Jahres zu sehen sein wird.
Und ich freue mich über aktuelle Konzertanfragen. Gerade erhielt ich die gute Nachricht, dass mein Kalavryta-Oratorium im August kommenden Jahres in St. Johannis in Hamburg-Harvestehude aufgeführt wird.

 
Wie gestaltet sich Ihre Mitgliedschaft in der European Academy of Sciences and Arts, der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste Salzburg?
Ich trat mit eigener Komposition in der Aula der Universität Salzburg im Rahmen des Festplenums der EASA  vor Hörern von drei Kontinenten auf, ferner in einem Konzert der EASA in der Hamburger Musikhochschule. Im letzten Jahr spielte ich für Mitglieder der EASA in Florenz. Für die 25 Hamburger Mitglieder der Akademie bereite ich augenblicklich den Vortrag „Mikis Theodorakis – Der größte Melodiker des 20. Jahrhunderts“ vor, den ich Anfang November in der Hansestadt halten werde.

Und im Oktober werden Sie 73. Woher nehmen Sie die Kraft, all das zu gestalten?

Diese Stärke geben mir vor allen meine großartige Frau, die mir die Basis für ein ruhiges und konzentriertes Arbeiten schafft, und meine Freunde. Hierdurch und durch meine Musik eröffneten sich in den letzten 22 Jahren Begegnungen zu wunderbaren Menschen wie der Sängerin Julia Schilinski, zu dem Countertenor Meili Li, der Bratschistin Aroa Sorin vom Minguett Quartett in Köln, der im Sinfonieorchester in Qatar arbeitenden  Rumänin Raluca Stancel, den Schauspielern und Schauspielerinnen Barbara Nüsse, Julia Richter und Rolf Becker und – wie bereits genannt – Maria Farantouri, Lina Orfanos und anderen Musikern und Musikerinnen.
  (Jörg Frenzel/ kommunikateam GmbH mit Material von Gerhard Folkerts, 22.7.2017) 

Letzte Änderung: 17.12.2019

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