Ein Priester als Trucker der Hilfe

Zwei Mal im Jahr düst Militärdekan Bernward Mezger mit Hilfsgütern nach Rumänien

in Leben in Wedel, Top-News

Am Lenkrad statt am Altar: Priester Bernward Mezger unterwegs - und wie man sieht: gut gerlaunt. Fotos: Mezger
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Am Lenkrad statt am Altar: Priester Bernward Mezger unterwegs - und wie man sieht: gut gelaunt. Fotos: Mezger
Bescherung nicht nur zur Weihnachtszeit: Der dicht gepackte Laster wird entladen.
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Bescherung nicht nur zur Weihnachtszeit: Der dicht gepackte Laster wird entladen.
Ein Schnappschuss mit glücklichen Kindern - ein Beleg für die Sinnhaftigkeit der Reise.
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Ein Schnappschuss mit glücklichen Kindern - ein Beleg für die Sinnhaftigkeit der Reise.

Alles begann mit dem Kriegsrecht in Polen. Als im Winter 1982/83 die kommunistische Misswirtschaft das Land hart traf und die Generalität gegen streikende Werftarbeiter vorging, litten die Menschen Not. Ein junger angehender Priester im Ruhrgebiet hörte den Wunsch der Essener Caritas, die Fahrer für Hilfstransporte suchte. Sein Name: Bernward Mezger. Heute lebt er nicht mehr in Essen, sondern in Wedel. Und Rumänien hat Polen als Ziel für Hilfstransporte ersetzt - aber Bernward Mezger, Militärdekan an der Führungsakademie der Bundeswehr in Blankenese, fährt immer wieder mit einem vollgepackten Brummi Richtung Süd-Ost.

Die Gegend um Temeswar ist sein Ziel, er bringt Medikamente und medizinische Geräte, Waschpulver fürs Caritas-Altenheim, Saatgutbehälter für die Landwirtschaft und vieles mehr in das Land, das zwar zur EU gehört, aber längst noch nicht den Standard der mitteleuropäischen Staaten erreicht hat. Wichtig: Man hilft mit Sachgütern - Geld landet zu oft in den falschen Taschen.

Bernward Mezger, der eigens für das Projekt in einer Feuerwehrfahrschule seinen Lkw-Führerschein erwarb, freut sich immer über Mitfahrer, mit denen er sich am Steuer abwechseln kann - und außerdem ist es auf der Autobahn nicht so langweilig. Manchmal sind es Pfadfinder aus alten Zeiten, manchmal sind es jetzt Soldaten der Bundeswehr. Bernward Mezger erzählt: " Einmal hatte ich einen Hauptfeldwebel der Fallschirmjägertruppe mit an Bord, einen Taufbewerber mit beeindruckender Hilfsbereitschaft – aber ohne Lkw-Führerschein. Auf der Hinfahrt sprachen wir 24 Stunden über Gott, auf der Rückfahrt ebenso lange über die Kirche und das Leben als Christ. Glauben ist ein Weg. Als der Lkw am Startpunkt wieder rückwärts eingeparkt ist, sage ich: ,Jetzt kannst Du getauft werden.' Wenige Wochen später wurde die Taufe gefeiert, und ein Jahr später begleitete er mich als Unterstützer in den Einsatz nach Afghanistan."

Viel ist über die Jahre passiert. Bernward Mezger: "Ein Projekt mit kaum vorstellbaren Ausmaßen: Aufbau und Versorgung für Kinderheime, Altenheime, Krankenhäuser und ambulante Behandlungszentren, psychiatrische Klinik, Frühförderzentrum, das erste rumänische Jugendgefängnis, Schulen, Kindergärten - in einem Land voller Armut, Elend und Korruption."

Nötig ist die Hilfe weiterhin. "Zwei Mal im Jahr fahre ich immer noch einen Transport. Da ich persönlich dafür geradestehe, dass die Güter genau dort ankommen, wofür sie bestimmt sind, spenden Freunde im Rotary Club und gelegentlich Mitglieder der Kirchengemeinde in Wedel großzügig Geld für Treibstoff. Wir reden über 1000 Liter Diesel für eine Tour."

Wenn es gut läuft, rollt der engagierte Priester mit seinem 40-Tonner circa 24 Stunden nach der Abfahrt im Ruhrgebiet auf den Hof der Caritas in Ciacova (Kreis Temeswar). Wird auf der Strecke noch eine andere Station zum Abladen angesteuert, kann sich die Tour auch auf 30 oder 36 Stunden dehnen. Lenk- und Ruhezeiten gibt es bei humanitären Transporten nicht. Mezger warnt: "Trotzdem: nicht nachmachen!" Die eine oder andere Schlafpause muss natürlich sein.

Bernward Mezger berichtet: "An Raststationen oder Grenzübergängen kommt man unter Lkw-Fahrern ins Gespräch. Die Logos der Caritas an der Zugmaschine sind unübersehbar. Auf die typische Frage ,Du bist Priester? Warum fährst Du denn Lkw?' lautet die schlichte Antwort: ,Weil ich es kann.' Das ist nicht die ganze Wahrheit. Sowohl in Rumänien als auch zu Hause öffnen sich mir als Priester manche Türen leichter; und ein Bundeswehrangehöriger wird an der Schengen-Außengrenze auch gerne mal bevorzugt behandelt."

Aber warum das alles? Geht das nicht auch weniger aufwendig mit einer verlässlichen Spedition? Monsignore Mezger hat dazu eine deutliche Meinung: "Anpacken und notwendige Strapazen auf sich nehmen, trägt entscheidend zur Glaubwürdigkeit von Kirche bei. Das ist beim Militär nicht anders als in der Gemeinde und bei der Caritas. Bertolt Brechts Wort .Die Wahrheit ist konkret' gilt auch für Christen: Glaube ist konkret, Nächstenliebe ist konkret, Hoffnung ist konkret. Das Leuchten in den Gesichtern derer, denen ich Hilfe bringen darf, nehme ich jedes Mal mit auf die 1600 km lange Rückfahrt." (Jörg Frenzel/kommunikateam GmbH,24.12.2022)

 

Letzte Änderung: 22.12.2022

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