Einen deutlicheren Beweis für die hohe Arbeitsbelastung der Freiwilligen Feuerwehr Wedel hätten die Gäste der Jahreshauptversammlung nicht bekommen können. Unmittelbar vor der Veranstaltung mussten Kräfte noch zu gleich zwei Einsätzen ausrücken; einem schweren Verkehrsunfall und zum Abstreuen einer Ölspur - die Teams kamen direkt vom Geschehen zu ihrer wichtigsten Veranstaltung des Jahres. "481 Alarmierungen binnen eines Jahres sind ein bedenklicher neuer Höchstwert", stellte Wehrführer Michael Rein in seinem Bericht heraus, "es drängt sich die Frage auf, wie eine Zunahme von 145 Alarmen innerhalb eines Jahres noch geleistet werden kann. Zukünftige große Wohngebiete wie Wedel Nord, wachsende Gewerbegebiete und ein steigendes Verkehrsaufkommen verbunden nach der Ausdehnung der Tempo-30-Zonen führen zu einem ehrenamtlich nicht mehr zu bewältigen Mehraufwand." Die Konsequenz: Vergleichbare Mittelstädte in Schleswig-Holstein planen bereits eine hauptamtliche Wachabteilung, um die ehrenamtlichen Kräfte zu ergänzen."
Die klaren Worte des Wehrführers hörten die Kommunalpolitiker mit Stadtpräsident Michael Schernikau an der Spitze, Bürgermeister Gernot Kaser und diverse Verwaltungsmitarbeiter, Landesbrandmeister Fank Homrich sowie Gäste der Wehren aus Holm, Hetlingen, Haseldorf und Pinneberg, sowie der Polizei, des DRK, , der RKISH, des THW, und der DLRG - und die mehr als 70 anwesenden der 105 aktiven Feuerwehrleute, darunter 13 Frauen, nahmen es ebenfalls auf und unterstützten ihren "Chef" mit kräftigem Klopfen auf die Tische.
Das Thema der Silvester-Angriffe von Chaoten in Berlin und anderen Städten sowie insgesamt eine Verrohung gegenüber Einsatzkräften durfte natürlich nicht fehlen. "Ich bin zutiefst entsetzt über diese Vorkomnisse, die es auch in unserer Nachbarschaft in Elmshorn gegeben hat. Die wiederholt falsche Einschätzung durch die Verantwortlichen in der Landes- und Bundespolitik ist für die Tätigkeit einer Freiwilligen Feuerwehr nicht gerade förderlich", so Michael Rein. Deshalb reagierte Bürgermeister Kaser nach seinem persönlichen Dank und dem der ganzen Stadt für das Engagement der Feuerwehrleute auch mit dem Versprechen: "Wir würden bei derartigen Angriffen alle Möglichkeiten zum Durchgreifen nutzen, die die Stadt hat."
Doch gute Nachrichten gab es auch. Die Jugendfeuerwehr wuchs von 16 auf 27 Mitglieder, mit Lina-Michelle Hartmann und Juliane Sabow wurden gleich zwei "Eigengewächse" an diesem Abend zu Feuerwehrfrauen befördert und machen nun ebenso Dienst in der Einsatzabteilung wie Karim Petersen, der vom Anwärter zum Feuerwehrmann erhoben wurde. Aus den vielen Beförderungen und Ehrungen ragten zwei Ereignisse turmhoch heraus. Zum einen die Auszeichnung von Hauptbrandmeister (drei Sterne) Jürgen "Krawalli" Geschwandtner für seine sage und schreibe 60 Jahre währende Mitgliedschaft, während der er als "Feuerfresser" und Führungskraft Legende wurde. Sein Kamerad Willi Schümann hat eine ebenso lange Karriere, konnte aber nicht zur Versammlung kommen.
Und zum anderen war es die Auszeichnung von Wehrführer Michael Rein mit dem Brandschutz-Ehrenzeichen Schleswig-Holstein in Gold für seine Leistungen, die er in seinen genau 20 Jahren als Wehrführer in Wedel entfaltet hat - von der Neustrukturierung der Wehr über die Gründung der Jugendfeuerwehr bis zu vielen anderen Innovationen unter seiner Regie. Beim großen Applaus für ihn verdrückte er sogar ein paar Tränchen der Rührung. Michael Rein erinnerte noch einmal daran, dass im Jahr 2026 mit dieser Tätigkeit Schluss für ihn sein werde und die Nachfolge geregelt werden müsse. Rein: "Die zukünftigen Aufgaben werden nicht einfacher. Der gesellschaftliche Wandel macht auch vor einer mittelständischen ehrenamtlichen Feuerwehr nicht Halt. Wir alle müssen dies berücksichtigen und mit Sorgfalt und Weitblick für die Zukunft agieren." (Jörg Frenzel /kommunikateam GmbH, 20.2.2023)