Das Gedenken an die Opfer der Bombardierung Wedels am 3. März 1943 fand coronabedingt in diesem Jahr in einem anderen, kleineren Rahmen statt.
Die traditionelle Kranzniederlegung durch den Stadtpräsidenten Michael Schernikau am Mittwoch, 3. März 2022, um 11 Uhr am Gedenkstein auf dem Friedhof Breiter Weg fand ohne geladene Öffentlichkeit statt. Dennoch hatten sich Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Gesellschaft am Gedenkstein versammelt. Der Stadtpräsident würdigte am Rande der Kranzniederlegung auch das starke Signal für den Frieden, dass am Vorabend viele Wedelerinnen und Wedeler bei einer gemeinsamen Friedensveranstaltung am Schulauer Hafen gesetzt hatten.
Das Stadtarchiv Wedel hat unter diesem Link Informationen zur Bombardierung Wedels zusammengetragen.
Im Gedenken an die Opfer richtete sich der Stadtpräsident Michael Schernikau mit folgendem Text auf diesem Wege an die Wedelerinnen und Wedeler:
Liebe Mitbürgerinnnen und Mitbürger,
liebe Wedelerinnen und Wedeler,
heulende Sirenen, Familien, die sich in Schutzräumen versammeln und Explosionen, die auch Wohnhäuser zerstören – 79 Jahre blickt die Stadt Wedel am 3. März auf das Bombardement der Alliierten Flugzeuge zurück. 37 Tote und 157 Verletzte forderte allein dieser Tag. Wir waren damals diejenigen, denen der Angriff galt und gleichermaßen die Befreiten von den hier herrschenden Nationalsozialisten.
An diesem 3. März des Jahres 2022 schauen wir nicht mehr nur zurück. Wir richten unseren Blick ebenso fassungslos wie sorgenvoll nach Osten, gar nicht weit, wo genau jetzt Familien, Frauen, Kinder und Männer hier auf europäischem Boden in einem Krieg ums Leben kommen und um ihr Leben fürchten. Trotz aller Mahnungen zum Frieden, ist nach dem Bosnienkrieg in den 1990er Jahren, der Krieg nach Europa zurückgekehrt.
Die gemeinsame Erinnerung an unsere eigene Wedeler Geschichte – durch noch eigenes Erleben, durch die Gespräche mit unseren Eltern und Großeltern – zusammen mit den schrecklichen Bildern aus der Ukraine, die uns auf den verschiedensten Wegen erreichen, machen es uns auf erschütternde Weise bewusst: Tod, Leid und Schmerz treffen nie eine gesichtslose Masse, sondern es sind immer einzelne Menschen, die leiden.
Heute in Kiew und Charkiw und vielen anderen Orten in der Ukraine, vor 79 Jahren in Wedel und zu jeder Zeit auf allen anderen Kriegsschauplätzen!
Erstmals seit 1945 führen zwei souveräne Staaten in Europa Krieg gegeneinander.
Der nach allen Regeln des Völkerrechts ungerechtfertigte Angriffskrieg Russlands gegen sein Nachbarland Ukraine offenbart uns eines sehr deutlich: Wenn es darum geht, mächtigen Aggressoren in den Arm zu fallen, dann muss die Staatengemeinschaft mit allen ihren demokratischen Kräften zusammenstehen um sich zu verteidigen. Verteidigung bedeutet für die eigenen Werte einzustehen, verantwortungsvoll, und notfalls mit Gewalt. Nur so können wir dafür sorgen, dass die Macht der Waffen nicht die Macht des Rechts und der Freiheit bricht. So war es 1945 und so könnte es auch heute wieder nötig werden! Schrecklich!
Die Widerstandskraft des ukrainischen Volkes ringt uns den allergrößten Respekt ab. Ebenso möchte ich aber auch diejenigen Russen nennen, welche sich offen gegen ihren Präsidenten und dessen Gefolgschaft aussprechen. Es sind Brüdervölker und die Menschen in Russland wissen das, und jeden Tag werden es mehr, die bereit sind, ihre Stimme zu erheben. Nur sie werden den Krieg gegen Putin gewinnen können, ohne dass das Äußerste zum Nötigsten wird. Kämpfen wir dafür, dass die Zeit für die Verteidigung der Ukraine und das Erstarken der Widerstandskräfte im russischen Volk ausreicht.
Der Wille zum Frieden und der Wunsch nach einem friedlichen Zusammenleben der Menschen reicht über die Grenzen von Ländern und Zeiten hinaus. Das ist die Gewissheit, die uns Kraft gibt, um uns weiter für den Frieden einzusetzen.
Herzlichst,
Ihr Stadtpräsident
Michael Schernikau