Foto: Traditionell bitten Trachtenfrauen zum Eintrag auf die Gästeliste. Recht: Jörg Frenzel/kommunikateam
Bürgermeister Niels Schmidt und Stadtpräsidentin Renate Palm rufen auf Neujahrsempfang zu Gemeinsinn und Respekt auf.
Selten war eine Rede von Bürgermeister Niels Schmidt politischer. Auf dem Neujahrsempfang der Stadt forderte er dazu auf, Gemeininteresse vor Eigeninteresse zu stellen und Parteiinteressen den Interessen der Stadt unterzuordnen. Namen und Gruppen musste er nicht benennen - nach den Auseinandersetzungen der vergangenen Monate um Wohnungsbauprojekte, um den Neubau des Kraftwerkes und auch dem nicht enden wollenden Gemäkel am Projekt Schulauer Hafen mit teilweise juristisch zweifelhaften Argumenten konnte sich jeder denken, wer gemeint ist.
"Unsere Stadt ist kein anonymes Gebilde, sie wird nicht symbolisiert durch die Verwaltung, nicht durch den Bürgermeister, nicht durch den Rat, nicht durch den Stadthafen, nicht durch das Kraftwerk, nicht durch die Einkaufsstraße, nicht durch die alte Stadtbücherei, nicht durch das Theater, nicht durch die Batavia und nicht durch andere Begriffe, die dem einen symbolhaft, dem anderen unwichtig erscheinen. Nein! Die Stadt sind wir und zwar alle gemeinsam. Die Stadt ist eine Gemeinde, also eine Gemeinschaft", so Schmidt. Natürlich gehörten auch Auseinandersetzungen über Themen dazu, jedoch müssten wichtige Kriterien beachtet werden.
"Dazu gehören Respekt und Toleranz gegenüber dem anders denkenden - Wer ist schon im Besitz der absoluten Wahrheit? Auch der andere könnte Recht haben. Das soll übrigens auch manchmal beim Bürgermeister und seiner Verwaltung der Fall sein", so Schmidt.
Ein weiterer Punkt ist die Akzeptanz von demokratischen Entscheidungen. "Unsere Partner, ob in der Wirtschaft, bei den Vereinen und Verbänden, unsere Bürger wollen Verlässlichkeit", so der Bürgermeister. Jeder der rund 150 Gäste konnte sich dabei an fünf Fingern abzählen, dass diese Bemerkung sich auch auf das Hick-Hack um den Verkauf eines städtischen Grundstückes bezog, wo Entscheidungen des Rates nachträglich in Frage gestellt werden sollten.
Was tut unserer Stadt gut? Diese Frage sollte nach Ansicht des Bürgermeisters im Mittelpunkt des politischen Diskurses stehen. "Das ist die Richtschnur, nicht die persönliche Betroffenheit, nicht der Vorteil einzelner, aber auch nicht Neid und ideologische Sichtweisen", winkte der direkt gewählte Verwaltungschef mit dem Zaunpfahl und legte noch nach: "Bei allem Verständnis dafür, dass man Dinge unterschiedlich sehen kann. Wenn die Mehrheit der Bürger die Entwicklung der Stadt an der maritimen Meile und anderswo so negativ sehen würde, wie es manchmal in der politischen Auseinandersetzung behauptet wird, dann wäre die Wahl Kommunalwahl ganz anders ausgefallen."
Gleichzeitig ging der Bürgermeister versöhnlich auf alle Gruppen zu: "Lassen Sie uns für 2014 gemeinsam den „Reset Knopf“ drücken. Lassen Sie uns das gemeinsame in den Vordergrund stellen. Machen wir die Stadt wieder so stark, dass wir die anstehenden Aufgaben wie Solide Finanzen, Wohnraumentwicklung, Erhaltung eines leistungsfähigen sozialen und kulturellen Netzes, Attraktivität des Wohn -und Wirtschaftsstandortes und vieles mehr mit Bravour und in gemeinsamer Verantwortung bewältigen können."
Zuvor hatte Stadtpräsidentin Renate Palm den ehrenamtlich Tätigen besonders gedankt: enn vieles, was ehrenamtlich getan wird, müsste entweder aus finanziellen Gründen zurückgestellt werden oder aber es müsste teuer bezahlt werden. Von daher sind Ehrenamtliche, wie man so gerne sagt, tatsächlich mit Geld nicht oder kaum zu bezahlen. Mitmenschlichkeit oder Gemeinsinn lässt sich nicht verordnen oder einfordern. Und ehrenamtliches Handeln hat, ganz gleich, worauf es sich richtet, einen höheren Wert als alles, was sich in Cent und Euro messen lässt."
Das "Collegium Gaudium" lockerte die Veranstaltung, zu der Bürgermeister Schmidt eine Delegation aus Wolgast mit Bürgermeister Stefan Weigler an der Spitze besonders begrüßte, mit A-capella-Stücken auf. Die Liedauswahl passte wie die Faust aufs Auge: Angesichts der angespannten Haushaltslage ertönte unter anderem "Ich wär' so gerne Millionär".