Gesundheitsreform in der Kritik

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WEDEL. Die kürzlich im Berliner Kabinett beschlossene Gesundheitsreform sorgt für Unmut - nicht nur in den Parteizentralen der Opposition, sondern auch in Wedel. Bei der Podiumsdiskussion "Gesundheitspolitik im Brennpunkt: Nationale Entscheidungen - Lokale Folgen" im Zuge der Wedeler Gesundheitswoche äußerten sich Vertreter der örtlichen Pharmaindustrie, der niedergelassenen Ärzte, der Krankenhäuser, der gesetzlichen Krankenkassen sowie der Bürgermeister kritisch zu dem Vorhaben.

Verwaltungschef Niels Schmidt monierte vor allem die mangelnde Kontinuität in der Gesundheitspolitik: "Eine Reform jagt die nächste." Schmidt verwies zudem auf die engen Schranken kommunaler Handlungsfähigkeit in dem Bereich. "Es ist fraglich, ob wir bei Problemen wie dem Ärztemangel lokal etwas ändern können. Hier können wir nur durch attraktive Standortpolitik agieren", so der Bürgermeister. Indes, die Ärzteversorgung in Wedel sei derzeit noch zufrieden stellend.

Gabriele Prahl vom Gesundheitsnetz Region Wedel (GRW), einem Verband von 58 niedergelassenen Ärzten, zeigte sich ebenso unzufrieden mit der Reform der Bundesregierung. "Die Instabilität ist schwer erträglich", so Prahl. So sei es für viele Ärzte nicht mehr zu verstehen, wie viel Geld eine bestimmte Leistung wert sei. Die freiberuflichen Mediziner könnten nur noch schwerlich kalkulieren. Prahl strebt mit ihrem Verband eine enge Zusammenarbeit mit örtlichen Krankenkassen und den Krankenhäusern an. Sie betonte jedoch auch die Eigenständigkeit ihres Netzwerkes, um gegenüber Kassen und Krankenhausbetreibern eine eigene Marktmacht zu haben. Es sei aber ein Vorteil für alle, wenn die Patienten, ob nun ambulant oder stationär, in Wedel bleiben würden.

Dem stimmte auch Otto Melchert, Hauptgeschäftsführer der Regio-Kliniken, zu. Er verwies zudem auf Themen, die es nicht in den Gesetzentwurf geschafft hätten, etwa eine Angleichung der sogenannten Basisfallwerte. Dieser Betrag gibt an, was ein Krankenhaus in einem Bundesland für die Behandlungen eines Patienten abrechnen darf. In Hamburg liegt dieser Wert höher als in Schleswig-Holstein. Das heißt, für die selbe Behandlung würde ein Krankenhaus in der Hansestadt mehr Geld von der Krankenkasse erhalten. Melchert forderte daher eine bundesweite Angleichung der Sätze. Um Patienten in Wedel zu halten, will er die Zusammenarbeit mit Ärzten und Krankenkassen vor Ort ebenfalls stärker betonen. 

Thomas Wortmann, Landesgeschäftsführer Nord der Barmer, hob die guten Seiten der Gesundheitsreform hervor: "Das befürchtete Defizit von elf Milliarden Euro bei den gesetzlichen Krankenkassen ist erstmal vom Tisch." Jedoch würden zum Beispiel die Fähigkeiten der Kassen, eigene Verträge mit Ärzten und Krankenhäusern abzuschließen, eingeschränkt. Dies würde auch lokale Lösungen verhindern. Zudem werde mit der Erhöhung der Beiträge vor allem eine Gruppe getroffen: "Es handelt sich um eine einseitige Belastung der Versicherten", so Wortmann. Um die Kosten zu reduzieren, sei zu fragen, ob Medikamente nicht zu teuer sind.

Dem widersprachen die Vertreter der Wedeler Pharmakonzerne. "Medikamente sind teuer, weil Profite von heute der Fortschritt von morgen sind", unterstrich Dr. Claus Runge, Mitglied der Geschäftsführung bei AstraZeneca. So seien etwa Zulassungsverfahren sehr teuer. Dr. Andreas Sander, Geschäftsführer bei ALK-Abello, verwies auf die Erhöhung der "Zwangsrabatte" auf patentierte Medikamente von sechs auf 16 Prozent. "Es fehlt die strategische Planung, wenn solche Maßnahmen von heute auf morgen beschlossen werden." Durch die höheren Abschläge würden den Unternehmen Umsätze fehlen, was auch zu weniger Steuereinnahmen der Kommunen führen würde. Runge monierte zudem die "gefühlte Beliebigkeit" der Veränderungen. Für sein Unternehmen rechnet er im kommenden Jahr mit "Gewinneinbußen in Millionen höhe."

Wedel-Schulauer Tageblatt

Letzte Änderung: 17.12.2019

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