Straßenschilder für Sehbehinderte: Land würdigt Erfinder Volker König

Minister Dirk Schrödter lobt Einsatz für Barrierefreiheit.

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Der Chef der Kieler Staatskanzlei Dirk Schrödter (links) lobte die einfache wie überzeugende Idee Volker Königs (rechts) und montierte testweise ein Musterschild selbst. Foto: Stadt Wedel/Kamin
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Der Chef der Kieler Staatskanzlei Dirk Schrödter (links) lobte die einfache wie überzeugende Idee Volker Königs (rechts) und montierte testweise ein Musterschild selbst. Foto: Stadt Wedel/Kamin
Gemeinsam ans Ziel: Mitarbeitende des Bauhofes der Stadt Wedel (in Orange), Marc Cybulski, Bürgermeister Gernot Kaser, Minister Dirk Schrödter, Volker König, Marie-Luise König und Wolfgang Rüdiger, Ratsherr (SPD) in der Stadt Wedel. Foto: Stadt Wedel/Kamin
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Gemeinsam ans Ziel: Sven Rohe (v.l.), Michael Paulsen, Marc Cybulski, Bürgermeister Gernot Kaser, Minister Dirk Schrödter, Volker König, Marie-Luise König und Wolfgang Rüdiger, Ratsherr (SPD) in der Stadt Wedel. Foto: Stadt Wedel/Kamin
Dank der Förderung von vielen Seiten konnten in Wedel insgesamt 375 Straßenschilder für Sehbehinderte aufgehängt werden. Foto: Stadt Wedel/Kamin
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Dank der Förderung von vielen Seiten konnten in Wedel insgesamt 375 Straßenschilder für Sehbehinderte aufgehängt werden. Foto: Stadt Wedel/Kamin
Mehr als 50 Kommunen haben sich schon nach den Schildern erkundet: In Bad Segeberg hängen bereits Straßenschilder nach Wedeler Vorbild. Foto: Stadt Wedel/Kamin
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Mehr als 50 Kommunen haben sich schon nach den Schildern erkundet: In Bad Segeberg hängen bereits Straßenschilder nach Wedeler Vorbild. Foto: Stadt Wedel/Kamin

Menschen mit einer Sehbehinderung eine bessere Orientierung im öffentlichen Raum zu ermöglichen und sie damit viel präsenter am Alltagsleben Teil haben zu lassen – das ist der Antrieb für das Projekt „Straßenschilder für Sehbehinderte“, das zuerst im Schleswig-Holsteinischen Wedel umgesetzt wurde. Wie viel die Idee eines einzigen Menschen dabei in Bewegung setzen kann, zeigt das Projekt, das der Wedeler Ingenieur Volker König 2012 startete und mit großer Energie vorangetrieben hat sehr deutlich. Selbst seit vielen Jahren erblindet, hat König zunächst starke Förderer ins Boot geholt bis 2020 alle Wedeler Straßen mit den neuartigen Ergänzungsschildern aus Aluminium ausgestattet waren. Seither wird über die Idee häufig bundesweit in Rundfunk und Presse berichtet und viele Kommunen von Berlin über Karlsruhe bis Meppen haben Interesse an den Straßenschildern bekundet. In Bad Segeberg, zum Beispiel, sind die neuen Schilder schon im Einsatz.

Das Land Schleswig-Holstein hatte die Fertigung von über 250 Schildern mit knapp 23.000 Euro aus dem Fonds für Barrierefreiheit gefördert. Minister Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei, informierte sich jetzt vor Ort und sagte: „Die Stadt Wedel sorgt mit den ertastbaren Schildern für sehbehinderte Menschen für mehr Barrierefreiheit im öffentlichen Raum. Das ist eine großartige Initiative, die wir als Land gerne unterstützt haben. Ich danke dem Anreger Volker König sehr herzlich für seine innovative Idee. Sie ist so gut, dass inzwischen bundesweit weitere Städte und Gemeinden daran Interesse gezeigt haben und die Schilder hoffentlich weitere Nachahmer finden. Leider verhindern viel zu oft Barrieren im Alltag Inklusion und Teilhabe. Diese Barrieren müssen wir beseitigen.“

Auch der Wedeler Bürgermeister Gernot Kaser würdigte das Engagement des Wedeler Ingenieurs König: „Volker König hat mit den Straßenschildern für Sehbehinderte einen wichtigen Beitrag geleistet, um eine ganze Gesellschaftsgruppe besser am öffentlichen Leben teilhaben zu lassen. Neben seiner guten Idee war es vor allem auch seine unermüdliche Beharrlichkeit mit der er das Projekt schließlich bis zur flächendeckenden Umsetzung gebracht hat.“ Die Stadt Wedel hatte das Projekt verkehrsrechtlich begleitet und die Installation der Schilder durch den städtischen Bauhof organisiert.

Den Anstoß für seine Entwicklung bekam Volker König, der bereits mehrere technische Orientierungshilfen ersonnen und zur Umsetzung gebracht hat auf einem Spaziergang: „Die Idee zu den Straßennamenschildern für Sehbehinderte entstand 2012. Ein sehbehinderter Freund berichtete mir, dass er die konventionellen Straßennamenschilder in 2,50 Metern Höhe mit seinem geringen Sehrest nicht lesen kann. Er ist in unbekannter Umgebung am Mast eines Straßennamenschildes hochgeklettert, um aus kurzer Distanz mit seinem Sehrest Buchstabe für Buchstabe des jeweiligen Straßennamens erkennen zu können“, sagt Volker König. Daraus zog er folgenden Schluss: „Für die Erkennung aus kurzer Entfernung sind die großen Schriftzeichen auf den konventionellen Straßennamenschildern aber weniger geeignet. Es werden Schilder benötigt, die kleine Schriftzeichen haben und an die man gewissermaßen mit der Nasenspitze, z.B. mit einer Lupe als Sehhilfe, dicht herantreten kann.“

 

Erstmals vorgestellt wurden die Straßenschilder für Sehbehinderte im Ausschuss für Umwelt, Bau und Feuerwehr im Jahr 2012. Inzwischen sind alle Straßen mit den Zusatzschildern ausgestattet worden. Insgesamt hat die Stadt Wedel bislang 375 kleine Zusatzschilder an den Masten der Straßennamenschilder installiert. Die ersten 118 Schilder sind im Zeitraum von 2013 bis März 2019 installiert und ausschließlich durch Social Sponsoring (Fördermittel von Stiftungen, Firmen sowie der Stadtsparkasse Wedel) finanziert worden. Die restlichen Schilder konnten aus dem Fonds für Barrierefreiheit der Staatskanzlei des Landes Schleswig-Holstein finanziert werden. Den notwendigen Eigenanteil von 15.000 Euro leistete die Stadtsparkasse Wedel. Projektträger war der Arbeiter-Samariter-Bund, mit dem Volker König seit 1983 Projektvereinbarungen abschließt, um seine Ideen mit Hilfe des ASB in die Tat umzusetzen.

 

Folgende Unterstützer haben das Projekt gefördert:

Der Ohrring e.V., Flensburg

GSL mbH, Hamburg

Fielmann AG, Hamburg

Claere-Jung-Stiftung, Hamburg

Rehder Wohnungsbau GmbH, Wedel

Medac GmbH, Wedel

Bürgervereinigung Wedel

Stiftergemeinschaft der Stadtsparkasse Wedel

Stadtsparkasse Wedel

Stadt Wedel

Staatskanzlei, Kiel

 

Hintergrund Straßenschilder für Sehbehinderte

Volker König hat für einen Vortrag folgende Informationen zusammengestellt:

In Deutschland gibt es etwa 4,5 Mio. Menschen mit einem Sehvermögen kleiner als 30 %, d.h. sie haben schon auf kurze Distanz Probleme, Gesichter von Personen zu erkennen. Je kleiner der Visus, desto geringer ist die Erkennbarkeit von Objekten und Schriften. Um weiße Schriftzeichen auf den blauen Straßennamenschildern lesen zu können, müssen sehbehinderte Menschen möglichst dicht an das Schild her-antreten. Die weißen Schriftzeichen auf den blauen Straßennamenschildern in einer Installationshöhe von 2,50 m sind aber als Orientierungshilfe für Fahrzeugführer gedacht, und daher so groß, dass sie vom Fahrzeug aus gelesen werden können. Sehbehinderte Menschen hingegen benötigen Schilder mit kleinen Schriftzeichen, um gewissermaßen mit der Nasenspitze an das Schild herantreten und den Straßennamen aus kurzer Entfernung als Ganzes erfassen zu können.

Aus diesem Grunde wurden Zusatzschilder entwickelt, die in 1,40 m Höhe am Mast eines konventionellen Straßennamenschildes installiert werden. Sie sind von den Außenmaßen 10 x 10 x 3 cm und haben 12 mm hohe, erhabene Schriftzeichen. Die Schilder bestehen aus zwei lackierten Aluminiumhälften, die mittels Inbusschrauben am Mast fixiert werden. Insgesamt 67 solcher Zusatzschilder wurden inzwischen für die Stadt Wedel gefertigt und vom städtischen Bauhof installiert. Für die etwa 200.000 blinden Menschen deutschlandweit sind sie weniger geeignet, weil diese – ohne zusätzliche Auffindehilfen – die Straßennamenschilder vermutlich nur zufällig finden werden.

Letzte Änderung: 12.12.2022

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