Allerdings ging es zunächst nur darum, die auf dem Markt erhältlichen Filmproduktionen in bereits vorhandenen Räumlichkeiten vorzuführen. Das waren vorzugsweise Tanz- und Veranstaltungssäle. Aus einer Mitteilung der Stadt Wedel an die Polizeiverwaltung in Elmshorn vom November 1913 geht hervor, dass zwei „Tanzsalons“ zum Zweck der Filmvorführung genutzt wurden und den polizeilichen Anforderungen entsprachen. „Die Stühle und Bänke für die Zuschauer sind auf dem Fußboden unverrückbar so befestigt, daß sie nach der Vorstellung wieder entfernt werden können. […] Die Vorführungsapparate sind außerhalb des Lokals in einem besonderen Gebäude untergebracht.“
Solche „besonderen Gebäude“ für die Vorführungsapparate waren die erste bauliche Maßnahme im Zusammenhang mit dem beginnenden Siegeszug des Kinos. So erteilte die Polizeiverwaltung am 2.2.1915 dem Gastwirt W. Köhler die Erlaubnis für den „Anbau eines Apparateraums für Kinematographie-Vorführungen“. Dafür war eine Gebühr von 3 Mark fällig.
Vorführverbote nach Kriegsausbruch 1914
Was für Filme gab es in dieser frühen Phase in Wedel zu sehen? Natürlich Stummfilme, denn der Tonfilm war noch nicht erfunden. Genau welche Stummfilme in Wedel zu sehen waren, ist jedoch schwer zu rekonstruieren. Dagegen gibt es Indizien aus dem Jahr 1914 über Filme, die in der Rolandstadt NICHT gezeigt wurden. Der Grund: Es waren Filme von dem französischen Verleih Pathé Frères. Gegen Frankreich führte Deutschland seit dem 1. August Krieg.
Es liegen zwei Schreiben der Hamburger Filiale von Pathé Frères vor, in denen über Filmvorführverbote geklagt wird. Das erste Schreiben an die Polizeiverwaltung ist vom 23. Oktober 1914 datiert und berichtet, dass sich der Kinobesitzer Möhl weigere, für das ihm zugesandte Programm bestehend unter anderem aus den Filmen „Regimentsfest“, „John als Fremdenführer“, „Moritz M.d.R.“, „Feierlichkeiten in Deutschland“ zu bezahlen. Möhls Begründung: „… die […] Polizeibehörde habe ihm die Vorführung untersagt“. Weiter heißt es: „Wir ersuchen um gefl. Mitteilung, ob dies auf Tatsache beruht und, falls dies der Fall ist, um gefl. Angabe der Gründe, die das Verbot veranlaßten.“
Als die Behörde nicht antwortet, wird ein Schreiben von Pathé Frères Hamburg vom 3. Dezember 1914 zu demselben Vorgang noch deutlicher. Da das Unternehmen jetzt unter Reichsaufsicht stehe und keine Auszahlungen nach Frankreich mehr möglich seien, drohe die Einstellung des Betriebs. Derartige Verbote verstießen gegen das Interesse des Reiches, „da sie unseren Betrieb lahm legen und die Entlassung unserer Angestellten zu Folge haben werden, die ausnahmslos deutsche sind.“
Ob neben dem französischen Filmverleih auch das Filmprogramm selbst bei den Behörden Anstoß erregte, ist hier nicht erkennbar. Über den Stummfilm „Das Regimentsfest“ von 1914 erfährt man auf einer Datenbank zum frühen Kino folgende Handlung: „Bursch entdeckt Flirt zwischen seinem Leutnant und seiner Braut und fährt sie in den Tod.“ Ein Fall von Wehrkraftzersetzung, während die deutschen Truppen an der Westfront im Stellungskrieg mit den Franzosen lagen?
Kinobau und Tonfilm in den 1920er und 1930er Jahren
Als der Krieg vorbei war, ging es mit dem Kino in Wedel richtig los. Wilhelm Köhler, der bereits Tanzsalons für Kinematographie-Vorführungen genutzt hatte, beantragte und erhielt am 4. Januar 1919 nun die Genehmigung zum „Neubau eines Vorführungsraumes für Kino“ in der Spitzerdorfstraße. In der Bahnhofstraße 27 errichtete der Dentist Gustav Möhl 1928 ein Wohn- und Lichtspielhaus, das als „Schauburg“ bis in die 1960er Jahre Wedelern die neuesten Filme zeigte.