Denkmäler in Wedel

Denkmäler sind Zeugnisse der kulturellen Enwicklung eines Ortes und es kann diesen aus künstlerischer oder aus historischer Sicht ein besonderer Wert zugesprochen werden. Mit Hilfe dieser Monumenten soll an eine Person, an eine Sache oder ein historisches Ereignis erinnert werden.

Das Ehrenmal von 1870/71 und der versetzte Kirchspiel-Stein von 1873 – Eine Spurensuche von Dr. Thies Bitterling

Kriegerdenkmal
Kriegerdenkmal
Kriegerdenkmal in der Rolandstraße
Kriegerdenkmal in der Rolandstraße
Kriegerdenkmal im Bürgerpark
Kriegerdenkmal im Bürgerpark
Kampfgenossen vor dem Kriegerdenkmal in der Rolandstraße
Kampfgenossen vor dem Kriegerdenkmal in der Rolandstraße

Ein sehr schöner Platz zum Ausruhen und Nachdenken ist Wedels ältester Friedhof, der heutige Bürgerpark. Wer das gut erhaltene klassizistische Tor durchschritten hat, betritt eine Oase der Stille (und des Lachens spielender Kinder). Hier steht auf einem Granitsockel der kleine Obelisk, auf dessen Vorderseite die Namen der sechs jungen Wedeler eingemeißelt sind, die aus dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 nicht mehr zurückgekommen sind. Es ist ein würdiger Platz und eine gute Aufstellung, aber das Denkmal selbst bietet, besprüht und zerkratzt, einen deutlichen Beweis, wie sehr der Tod der sechs damaligen Soldaten für die heutigen Wedeler bedeutungslos geworden ist. Man liest die sechs Namen nicht ohne Ergriffenheit, denn es sind alte Wedeler Namen, die noch im heutigen Telefonbuch zu finden sind: Körner, Kleinwort, Öding, Brügmann, Abel, Fälschlein.
Man gerät ins Grübeln: Wie war die Kindheit und Jugend dieser Männer? Konnten sie ahnen, dass sie nur so kurz zu leben hatten? Sie müssen alle etwa um 1850 geboren sein, erlebten also ihre Kindheit noch mit einem dänischen König als obersten Landesherrn. In ihre Konfirmationszeit fiel der Krieg Dänemarks gegen Preußen und Österreich, und 1866 fanden sich die sechs jungen Wedeler plötzlich wieder als Bürger der preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Die unangenehmste Folge dieser Entwicklung war die dreijährige allgemeine preußische Wehrpflicht, eine Verpflichtung, die man unter dänischer Herrschaft nie gekannt hatte. So mussten diese sechs jungen Männer bereits 1870 als preußische Soldaten gegen Frankreich ins Feld ziehen.Das Kirchspiel Wedel errichtete schon 1873 seinen gefallenen Söhnen ein Denkmal, das in seiner damaligen Form dem heutigen im Bürgerpark gleicht. Es stand dicht am Marktplatz und damit wirklich im Zentrum der Altstadt, unweit der Kirche nahe beim damaligen Rathaus, dicht am Hafen und damit in Sichtweite des Roland. Auf diesem Platz blieb das Denkmal 104 Jahre, bis es im Oktober 1977 ohne weiteres Aufheben entfernt wurde.
Es war aber schon seit 1954 mehrfach in die Diskussion der Wedeler Ratsversammlung gekommen. Man empfand das Denkmal an diesem Standort als Hindernis für die bereits geplante Verbreiterung der Rolandstraße. Der wachsende Verkehrslärm nahm dem Denkmal an diesem Platz seine Würde. Die Vorschläge sahen die Zerstörung des Denkmals vor. Nur die Namensplatte sollte erhalten bleiben und entweder in eine Außenwand der Kirche am Roland oder in der Friedhofskapelle am Breiten Weg eingemauert werden. Aber schon im November 1954 machte der damalige Ratsherr und unvergessene Rektor Hufe den Vorschlag, das ganze alte Denkmal in den Bürgerpark zu versetzen, damit die Gefallenen auf dem Friedhof ihrer Kindheit und ihrer Altersgenossen ihre letzte Ehrung fänden. Es war ein guter Kompromiss zwischen dem Respekt vor den Toten und den Bedürfnissen der Gegenwart. Aber erst im Oktober 1977 wurde der Vorschlag auch ausgeführt. Das alte Denkmal wurde zwar doch zerstört, aber das neue in fast gleicher Form im Bürgerpark errichtet. Trotzdem beschwerten sich mehrere Wedeler Bürger, dass der Städtische Bauhof das alte Denkmal, das so lange zum selbstverständlichen Stadtbild von Altwedel gehört hatte, einfach vom Sockel riss und in die nächstgelegene Schuttkuhle karrte.
Wir haben aber eine würdige Kopie an einem würdigen Platz. Wenn nur der heruntergekommene Zustand auch des heutigen Denkmals Wedels Bürgern einen Stich ins Herz geben würde, dass man dem frühen und unverschuldeten Tod seiner sechs jungen Mitbürger von 1870/71 keiner Respekt mehr zollt.
Text: Thies Bitterling, 2010

Die Geschichte über ein Ehrenmal für Wedels Gefallene des Ersten Weltkrieges – Eine Spurensuche von Dr. Thies Bitterling

Als im November 1918 die Waffen schwiegen, hatte das deutsche Volk einen Verlust von rund zwei Millionen Soldaten zu beklagen. Auch nach Wedel kehrten mehr als 220 junge Mitbürger nicht zurück. Bis 1930 hatten die meisten deutschen Kommunen ihren Weltkriegstoten ein Ehrenmal errichtet, in Wedel wurde in diesem Zeitraum ein ähnliches Denkmal nicht gebaut, obwohl der Gedanke daran schon 1916 laut wurde. Nur die beiden Wedeler Sportvereine errichteten ihren gefallenen Mitgliedern schon 1920/21 je ein gesondertes Denkmal.
Wenn man aber auf Spurensuche geht, trifft man auf Merkmale, dass Wedel durchaus plante, allen seinen Gefallenen ein Denkmal zu errichten. Wenn man heute das Autal in Richtung Breiter Weg durchquert, stößt man auf der rechten Seite gegenüber der Pestalozzi-Schule auf eine Schrebergartenanlage, die den Namen „Heldenhain“ trägt. Diese Bezeichnung ist der typische Name einer Ehrengedenkstätte, wie er nach dem Ersten Weltkrieg häufig vorkommt. Bei der weiteren Suche unter dem Stichwort „Heldenhain“ wird man im Wedeler Stadtarchiv schnell fündig. In den Verwaltungsberichten der Stadt Wedel findet sich bereits am 12. Oktober 1916, also mitten im Krieg, folgender Beschluss: „Zu Ehren der Gefallenen des Ersten Weltkrieges soll ein Heldenhain eingerichtet werden. Zu diesem Zweck wurde die Schwartausche Klintweide beim Friedhof für 14500 Mark angekauft. Zuwendungen und freiwillige Gaben sind bereits eingetroffen.“

Offensichtlich wurde der Plan aber nach 1918 nicht energisch weiterverfolgt, wenigstens verschwindet das Projekt aus den Quellen, muss aber im Bewusstsein der Wedeler Verwaltung trotzdem lebendig geblieben sein. Im Jahre 1927 plante die Nordische Rundfunk-Aktiengesellschaft eine Sendung über den Künstler Ernst Barlach. Sie wandte sich wegen sachdienlicher Informationen an Wedels Bürgermeister Friedrich Eggers. Dieser antwortete am 4. September 1927 wie folgt: „Er (Ernst Barlach) ist also den meisten Wedeler Mitbürgern persönlich wohl bekannt. Wedel verfolgte seinen Ruhmesweg mit großem Interesse und erhoffte sich von ihm den Entwurf für das Kriegerdenkmal 1914/1918.“ Nach den Unterlagen wurde Barlach 1930 damit beauftragt, das Kriegerdenkmal zu gestalten. Ob Barlach, damals auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Ansehens, auftragsmäßig überlastet war oder den Auftrag ablehnte, gibt die Quellenlage im Wedeler Stadtarchiv nicht her.
Dann blieb es wieder lange still um dieses Denkmal. Erst im Frühjahr und Sommer 1939 nimmt der Gedanke erneut Gestalt an.
Am 3. April 1939 wandte sich Eva Heins, die Vorsitzende der Wedeler Kriegshinterbliebenen, an Bürgermeister Dr. Harald Ladwig und fordert nun endlich die Verwirklichung des Denkmals. Die Sache fand bei Ladwig volle Unterstützung. Als Denkmalort wurde nun die höchste Stelle des Galgenbergs gewählt, heute eine Parkanlage mit Spielplätzen am Ginsterweg. Aber schon Ende April 1939 geriet die Angelegenheit wieder ins Stocken, weil sich an der geplanten Denkmalstelle ein trigonometrischer Punkt befand (und noch befindet). Man musste sich jetzt ans Reichsinnenministerium wenden, das die Angelegenheit dem Hamburger Hauptvermessungsamt weitergab. Diese Behörde verbot zunächst jede Bebauung des trigonometrischen Punktes, zeigt sich dann aber gesprächsbereit. Inzwischen schrieb man Ende August 1939.
Am 1. September 1939 brach der Zweite Weltkrieg aus. Damit war jede weitere Realisierung des Denkmals unmöglich geworden. Das endgültige Aus für den Denkmal-Plan kam aber durch den Erlass des Reichsinnenministeriums vom 17. September 1940, der auch der Wedeler Verwaltung zuging. Die entscheidenden Worte lauteten: „(...) Der Führer wird der würdigen Ausgestaltung der Ehren- und Erinnerungsmale seine besondere Aufmerksamkeit zuwenden. (...) Der Führer (...) hat angeordnet, dass alle Planung der Maßnahmen auf diesem Gebiet einstweilen zurückgestellt werden.“
Nur fünf Grabplatten auf dem Friedhof am Breiten Weg erinnern noch an fünf gefallene Wedeler des Ersten Weltkrieges.
Text: Thies Bitterling, 2010

Wedeler Sportvereine ehrten ihre Toten von 1914 bis 1918 am Elbestadion - Eine Spurensuche von Dr. Thies Bitterling

Einweihung des TSV Denkmals
Einweihung des TSV Denkmals
Denkmal des TSV
Denkmal des TSV

Wenn auch die Stadt Wedel nach dem Ersten Weltkrieg kein Denkmal für die gefallenen Wedeler errichtet hat, so ergriffen die beiden Wedeler Sportvereine, der „Arbeiter-Turn- und Sportverein Eintracht Wedel“ (ATSV) und der „Wedeler Turnverein von 1963“, von sich aus die Initiative, um ihre gefallenen Sportkameraden zu ehren. Der ATSV errichtete schon 1920 eine Gedenkplatte für seine gefallenen Mitglieder. Die Platte trug die Losung „Frisch, Fromm, Stark, Treu“ und die Widmung „Zu Ehren unserer gefallenen Mitturner“.

Dann folgten 14 Namen. Die Gedenkplatte befand sich auf einem Sockel im Garten des früheren Lokals „Stadt Hamburg“ in der Rolandstraße. Als schon vor 1933 wegen Erweiterung des Restaurantbetriebs der Garten stärker gastronomisch genutzt werden sollte, wurde die Gedenkplatte zunächst provisorisch in der Turnhalle des ATSV an der Bergstraße eingelagert, da man vergeblich nach einem würdigen Aufstellungsort suchte. Im Mai 1933 wurde die ATSV-Halle von der SA-Wedel beschlagnahmt, das Betreten wurde Mitgliedern verboten. Zum Schutz der Anlage und der Halle stellte die SA eine Wache.
In der Nacht vom 9. zum 10. Juni 1933 wurde von Wedeler SA-Leuten nicht nur der Ebert-Gedenkstein schwer demoliert, sondern es verschwand auch die Gedenkplatte der gefallenen ATSV-Mitglieder.
Bis 1958 verliert sich ihre Spur. Als in jenem Jahr im Garten des Stadtrats Jungblut, Bergstraße 9, Erdarbeiten für den Bau einer Garage begannen, stieß man auf die 15 Jahre lang verschollene Gedenkplatte, die mit der Textseite nach unten in der Erde lag, aber im wesentlichen unbeschädigt geblieben war. 1921 errichtete der TSV am Rosengarten ein Denkmal für die gefallenen Vereinsmitglieder Wechselhaft verlief auch die Geschichte des Gefallenen-Denkmals des Wedeler Turnvereins. Man weihte das Denkmal bereits am 11. September 1921 auf dem Vereinsgelände am Rosengarten ein. Viel Eigenarbeit der Vereinsmitglieder war dazu nötig gewesen, Bauern halfen mit ihren Gespannen beim Transport der Feldsteine. Am Fuß eines kleinen Hügels lagen vierzig kleine Feldstein, deren jeder den Namen eines Gefallenen trug. Eine Treppe führte den Hügel hinauf, oben befand sich auf einem Sockel ein mächtiger Findling mit einem thronenden Adler als Bekrönung. Der Findling trug die Inschrift: 2Unsere Helden 1914 – 1920“. Darüber war ein Eisernes Kreuz eingemeißelt. Das Denkmal blieb in den folgenden Jahrzehnten unangetastet, kam aber durch den letzten Krieg und die Nachkriegszeit sehr herunter.
Im Jahr 1963 feierte der aus beiden Sportvereinen hervorgegangene TSV-Wedel seinen hundersten Geburtstag. Es wurde jetzt ein würdiger Gedenkraum für die gefallenen Turner beider Vereine auf dem Vereinsgelände am Rosengaren geschaffen. Ein kleiner Ehrenhof wurde aufgemauert mit der Inschrift: „Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung“. Der Ehrenhof wurde durch ein hohes Kreuz überragt, auch die wiedergefundene Gedenkplatte des früheren ATSV wurde mit einbezogen.
Heute ist dieses Gelände nicht mehr Eigentum des TSV-Wedel und wurde mit einem Geschäftsgebäude überbaut. Die Gedenkstätte von 1963 besteht nicht mehr. Statt dessen erinnert seit 1996 am Westeingang des Elbestadions eine sechseckige, roh zugehauene Stele an die Toten beider Vereine in beiden Weltkriegen. Ihre Inschrift lautet: „Zum Gedenken unserer toten Mitglieder der beiden Weltkriege“. Summarischer und farbloser geht es nicht. Diese Inschrift offenbart aber die tiefe Verstörtheit einer Generation, die das Jahr 1945 bewusst miterlebte, und das daraus erwachsene Unvermögen, im Soldatentod noch irgendeinen heldischen Sinn zu sehen.
Text: Thies Bitterling, 2010

Der Friedrich-Ebert-Stein - von der SA demoliert, vergraben und 1947 wieder aufgestellt - Eine Spurensuche von Dr. Thies Bitterling

Transport des Findlings
Transport des Findlings
Friedrich-Ebert-Stein 1949
Friedrich-Ebert-Stein 1949
Friedrich-Ebert-Stein 1988
Friedrich-Ebert-Stein 1988

Im Zuge der Bauarbeiten an der Theodor-Johannsen-Siedlung zwischen 1930 und 1933 wurde ein riesiger Findling ausgegraben. Wedeler SPD-Mitglieder, Angehörige der „Eisernen Front“ zum Schutz der Weimarer Republik, zogen mit eigener Kraft den gewaltigen Block auf das Gelände des ATSV in der Bergstraße, um aus ihm einen Gedenkstein für den wenige Jahre vorher verstorbenen ersten deutschen Reichspräsidenten Friedrich Ebert, zu gestalten. In diesen Monaten wachsender Radikalisierung von Rechts und Links war dieser Plan ein deutliches Bekenntnis zur demokratischen Republik. Der Bildhauer Hans Lissow wurde mit der Ausgestaltung betraut. Er meißelte das Profil Eberts in den Stein und darunter die Inschrift: „Unserem großen Toten 1871-1925“.
Die politische Stimmungslage war 1932/1933 auch in Wedel so brisant, dass Mitglieder der „Eisernen Front“ die Unversehrtheit des Steines schon vor Hitlers Machtübernahme Tag und Nacht kontrollierten.
Im Mai 1933 wurde nach der Auflösung der Gewerkschaften auch das Zentrum der Wedeler Arbeiterbewegung, das Sportgelände an der Bergstraße, beschlagnahmt. Den Sportlern wurde das Betreten verboten, Wedeler SA bewachte das Gelände rund um die Uhr.
In der Nacht vom 9. auf den 10. Juni 1933 gegen 23.45 Uhr (laut Wedeler Polizeibericht) wurden mehrere Anwohner der Bergstraße Augen- und Ohrenzeugen, wie Mitglieder der SA-Wache den Ebert-Stein demolierten. Auch die im Sockel eingemauerten Dokumente wurden gestohlen und verschwanden bis heute spurlos. Diese Tat löste in Wedels Bevölkerung unerwartete Betroffenheit aus. Wedel war eine kleine Stadt, die Tat war beobachtet und gehört worden. Es wurden Namen genannt, nicht nur leise. Ein Wedeler erstattete Anzeige beim Bürgermeister. Ladwig (NSDAP) ging der Sache recht lässig nach, kein Täter wurde zur Rechenschaft gezogen. Aber von einer empörten Wedelerin waren Fotos des beschädigten Steins gemacht worden. Dieser Film wurde von der Wedeler Polizei beschlagnahmt.
Was sollte nun mit dem Stein geschehen? Zunächst wurde er verhüllt und streng bewacht. Mehrere Vorschläge wurden 1933 und 1934 erörtert, verworfen oder nicht weiter aufgegriffen.
Die vorgeschlagene Sprengung oder Zertrümmerung des Steines ging nicht, weil Findlinge dieser Größe unter Naturschutz standen. Den Stein ohne Ebertprofil am Strandbad aufzustellen, fand allgemeine Ablehnung, der Vorschlag, das Profil Eberts durch das Gesicht Theodor Johannsens zu ersetzen und den Stein an der Theodor-Johannsen-Straße aufzustellen, wo er ja einmal entdeckt worden war, wurde fallen gelassen. Schließlich erhielt ein Wedeler Tiefbauunternehmen von der Stadt Wedel den Auftrag, den „Stein des Anstoßes“ zu entfernen. Der Tiefbauunternehmer rettete den Stein durch den Vorschlag, ihn in der Bergstraße im Boden zu versenken. So geschah es dann auch.
Bis 1945 trugen viele alte Wedeler SPD-Genossen das Schicksal des Ebertsteines stumm und verbissen mit sich herum, vergessen wurde der Stein und sein Begräbnisplatz aber nicht. Schon im Oktober 1946 stellte die Wedeler SPD den Antrag, den Ebertstein wieder auszugraben und ihm eine ehrenvollere Aufstellung auf dem Rathausplatz zu geben. Egon Lissow, der Sohn des gefallenen Hans Lissow, wurde beauftragt, das Ebert-Profil und die Inschrift neu zu gestalten. Aber wer sollte die Kosten tragen? Ende 1946 fanden auf dem Wedeler Rathaus mehrere Vernehmungen überlebender Zeugen und Tatverdächtiger jener Juninacht von 1933 statt.
Sie und andere, ehemals führende Wedeler Nationalsozialisten sollten zumindest die Transportkosten bezahlen. Aber die Vernehmungen stießen auf eine Mauer von „nicht mehr wissen“ und glatter Ableugnung jeder Tatbeteiligung. So musste die Stadt Wedel die Transportkosten des Ebertsteines zum Rathausplatz übernehmen. Am 14. Dezember 1947 wurde der von Egon Lissow wiederhergestellte Gedenkstein auf dem Rathausplatz feierlich eingeweiht.
Dort steht er nun in einer nüchternen, schmuckarmen Umgebung. Er trägt eine veränderte Inschrift: „Friedrich Ebert, erster Reichspräsident 1919 – 1925“. Eine Steinplatte zu Füßen des Findlings erzählte seine bewegte, aber auch bewegende Geschichte.

Zwei Gedenksteine für den Dichter Friedrich Schiller - Eine Spurensuche von Dr. Thies Bitterling

Schillerstein in Schulau
Schillerstein in Schulau
Schillerstein in Wedel
Schillerstein in Wedel

1905 wurde Schillers hundertster Todestag in ganz Deutschland mit großem öffentlichen Aufwand gedacht. Anders als der Kosmopolit Goethe galt Schiller als nationaler Dichter, sein sprachliches Pathos berührte unmittelbar. Sein Gedicht "Die Glocke", sein Drama "Wilhelm Tell" gehörten zur unausweichlichen Schullektüre.
Auch Wedel verschloss sich dieser Begeisterung nicht und errichtete an der Südseite der Rolandkirche durch die Aufstellung eines großen Findlings ein Schillerdenkmal, das in einem Bronzerelief das Profil des Dichters zeigt und die Widmung trägt: "Dem Andenken Friedrich v. Schillers 1805 -1905". Leider finden sich im Wedeler Stadtarchiv keine Unterlagen über den Stifter des Steines und der Linde, die ihn überschattet, auch nicht über die Einzelheiten der Einweihungsfeierlichkeiten. Die damalig noch selbstständige Gemeinde Schulau war gleichfalls festen Willens, die Schiller-Ehrung nicht allein Wedel zu überlassen, sondern ein eigenes Denkmal zu errichten. Dieses ist im Wedeler Stadtarchiv reich dokumentiert. Schon Monate vorher trat ein Komitee zusammen und beriet das Festprogramm für den 9. Mai 1905. Man muss anerkennen, die Schulauer planten wirklich großzügig, und der Gemeinsinn der Bürger war beeindruckend. Als Ort des Denkmals wurde der kleine Platz zwischen der heutigen Passage und der Kaland-Drogerie gewählt, wo das Denkmal noch heute steht. Als Leitgedanke setzte man an den Fuß des Denkmals den Vers aus "Wilhelm Tell", der dem Hochgefühl des deutschen Bürgertums, in einem einigen Reich zu leben, voll entsprach: "Seid einig, einig, einig!"

Die Einzelheiten der Denkmalseinweihung sind in der Wedeler Chronik von Dr. Carsten Dürkob ausführlich und fesselnd erzählt. Einige Besonderheiten sollten noch erwähnt werden: Nicht nur die Schillerlinde hinter dem Denkmal, auch das Denkmal selbst und sein eisernes Ziergitter wurden von Bürgern gestiftet. Der Veranstaltungssaal in "Köhlers Gasthof", wo heute das Spitzerdorfer Hochhaus steht, war so verschwenderisch mit Blumen geschmückt, dass sein Besitzer von diesem Anblick tausend Ansichtskarten als Werbematerial herstellen ließ. Der Festablauf ist im Stadtarchiv in allen Einzelheiten nachzulesen. Es war eine erhebende Feier, die den Schulauern noch Jahrzehnte im Gedächtnis blieb. Am folgenreichsten aber erwies sich ein Spendenaufruf für diese Feier, der die Summe von 400 Goldmark erbrachte. Sie bildete das Grundkapital für die Schulauer Schiller-Stiftung, die vorsah, dass jedes Jahr zum 9. Mai aus den Zinsen dieses Kapitals die zwei besten Abgänger der Schulauer Volksschule einen Buchpreis mit persönlicher Widmung des Gemeindevorstehers und dem Siegel der Gemeinde erhalten sollten. Selbst als Wedel und Schulau ab 1909 eine Gemeinde bildeten, blieben dies Buchpreise nur Kindern aus der Schulauer Volksschule vorbehalten.
Die Inflation 1923 ließ die 400 Goldmark zu mikroskopischer Winzigkeit schwinden. Als die Rentenmark sich 1924 als stabil erwies, erneuerte nun die Stadt Wedel die Schiller-Stiftung mit einem Grundkapital von 300 Reichsmark. Jett gingen aber die Buchpreise auch leistungsstarken Abgängern der Wedeler Volksschule und der Katholischen Schule zu. Die Buchpreise wurden jährlich noch bis in den Zweiten Weltkrieg vergeben, erst im Jahr 1944 konnte man keine angemessenen Bücher mehr für die Abschlussfeier erstehen. Durch die Währungsreform 1948 schmolzen die 300 Reichsmark Grundkapital auf 42 Mark zusammen. Dies veranlasste die Stadt 1952, die Schiller-Stiftung aufzulösen und die Buchpreise an leistungsstarke Schüler aller Wedeler Schularten auf eigene Kosten fortzusetzen. Eine gute Tradition wurde weitergeführt, aber eine liebenswerte Erinnerung an die hochherzige Bürgerinitiative von 1905 ging endgültig verloren.
Beide Schillerdenkmale haben die letzten hundert Jahre, den Krieg und die Bombennacht überstanden. Sie befinden sich an ihren alten Plätzen, die Schillerlinden in Wedel und Schulau sind kräftig und von gutem Wuchs. Die Gedenksteine sind gepflegt und mit Blumenbeeten geschmackvoll umgeben. Wer sie sieht und ihre Geschichte kennt, kann sich an ihrem Zustand nur erfreuen.

Text: Thies Bitterling, 2010

Die Doppeleiche als Symbol für die Untrennbarkeit Schleswigs und Holsteins - Eine Spurensuche von Dr. Thies Bitterling

Einweihung des Denkmals Doppeleiche
Einweihung des Denkmals Doppeleiche
Denkmal an der Doppeleiche
Denkmal an der Doppeleiche

Im Jahr 1848 ergriffen die Schleswig-Holsteiner die Initiative, sich von der Union mit Dänemark zu befreien. Am 24. März 1848 trat eine provisorische Landesregierung in Kiel zusammen: Eine Armee von Freiwilligen wurde gegen Dänemark aufgestellt. Im Sommer 1848 kam es zu mehreren blutigen Schlachten und Gefechten mit dänischen Truppen. Aber alle Anstrengung blieb vergebens. Dänemark behauptete seine alte Machtstellung. Ein bitteres Ergebnis, vor allem auch wegen der blutigen Opfer. Ein amtliches Verzeichnis aus Kiel nennt 1852 die Namen mehrere Tausender gefallener und invalider Schleswig-Holsteiner, darunter auch Männer aus Wedel, Spitzerdorf, Schulau und Holm.
Gerade deswegen, weil es 1848 um die eigene Sache ging, blieb dieser Aufstand hier im Land viel lebhafter in Erinnerung als Bismarcks siegreiche Lösung 1864 bis 1866, die ohne jede Beteiligung der Schleswig-Holsteiner selbst stattfand. Gedenkstein bei der Doppeleiche So wundert es nicht, dass 50 Jahre später der Schulauer Baumeister Johann Hatje aus eigenen Mitteln zum Gedenken an die Erhebung vom 1848 eine Doppeleiche in Sichtweite seines Hauses am Kreuzungspunkt mehrere Straßen pflanzen ließ. Die Doppeleiche galt als Symbol für die Untrennbarkeit Schleswig und Holsteins.
Zehn Jahre später (1908) stiftete Johann Hatje auch noch den heutigen Gedenkstein, der durch das Landeswappen, die Worte "Up ewig ungedeelt" und die Erwähnung des 24. März 1848 überdeutlich auf den demokratischen Aufschwung in Schleswig-Holstein in diesem Jahr hinweist.
Der Platz "Doppeleiche" ist zwischen 1898 und heute häufig fotografiert worden. Die ersten Fotos zeigen eine sehr magere Doppeleiche hinter dem Stein, davor posierende Kinder und Erwachsene, die den noch völlig autolosen Platz sorglos beleben. Aber der Platz "Doppeleiche" entwickelte sich immer mehr zu einem geschäftlichen Zentrum Schulaus. Schon 1924 forderte der Wedeler Bürgermeister die Beseitigung der Reklametafeln an diesem Platz, weil sie den Eindruck des Denkmals beeinträchtigten.
Durch die Bombennacht im März 1943 wurde auch der Platz schwer getroffen. Das Fischgeschäft, heute Videothek, brannte aus, das Geschäft Lüchau wurde total zerstört, aber das Wohnhaus von Johann Hatje und die Bäckerei von Helms blieben stehen. Auch die Doppeleiche und der Gedenkstein überstanden die Bombennacht.
Der wirtschaftliche Aufschwung zwischen 1950 und 1975 verstärkte den Autoverkehr in der Bahnhofstraße und machte den Platz zu einem gefährlichen Knotenpunkt. Er konnte nur durch eine Ampelanlage, Stopp-Schilder und weitere Verkehrszeichen gesichert werden. Die kleine Denkmalinsel war von Verkehrshinweisen umstellt, von Verkehrslärm umtost, von Abgas verschmutzt und für Fußgänger unerreichbar. 1959 bis 1959 wurde die Bäckerei von Helms abgerissen, 1978 bis 1979 erbaute auf dem freien Gelände die Stadtsparkasse Wedel eine Filiale.
Nun kam das Denkmal Doppeleiche in die Diskussion. Sollte man nicht Denkmal und Doppeleiche trennen und den Gedenkstein auf dem Vorplatz der Sparkassenfiliale aufstellen? Selbst die Ortsgruppe Wedel des Heimatbundes sprach sich für diese Lösung aus. Aber der Wedeler Magistrat verweigerte 1978 die Zustimmung und bestand auf der Beibehaltung der geschichtlichen Einheit von Baum und Gedenkstein.
1988 und 1989 fand man durch die Einbeziehung der Denkmalsanlage in den Fußgängerbereich der City eine glückliche Lösung. Heute sind es vom Geschäft Lüchau nur wenige Fußgängerschritte zum Denkmal. Man kann dicht herantreten, schöner Blumenschmuck umgibt die Anlage. Der Gedenkstein ist sauber und gut unter Farbe, die Doppeleiche wirkt stattlich. Wenn heute der Geist von Johann Hatje am Fenster seines Hauses stünde und auf seine Doppeleiche und seinen Gedenkstein blicken würde, er wäre wohl sehr zufrieden.
Text: Thies Bitterling, 2010

Das Heimkehrer-Denkmal aus dem Jahr 1952 - Eine Spurensuche von Dr. Thies Bitterling

Gedenkplakette im RathausErinnerung an die Kriegsgefangenen im Rathaus
Erinnerung an die Kriegsgefangenen im Rathaus

Bis zum Jahr 1950 hatten die Siegermächte die Rückführung der deutschen Kriegsgefangenen offiziell abgeschlossen. In Wirklichkeit aber saßen noch rund 750 abgeurteilte Deutsche in westeuropäischen Strafanstalten. Und auf dem Gebiet der Ostblockstaaten, besonders der Sowjetunion, vermutete man noch rund hunderttausend Kriegsgefangene und etwa 170 660 Zivilgefangene. Wie viele Wedeler Familien noch 1950 über das Schicksal von Angehörigen im Unklaren waren, ist nicht bekannt. Aber der Kreis Pinneberg allein nannte 1950 die Zahl von 8400 Vermissten. Die Gründung der Montanunion hatte die Souveränitätsrechte der Bundesrepublik erheblich erweitert. Aus diesem gestärkten Selbstbewusstsein heraus plante der Bundesverband der Heimkehrer einen Appell an alle Siegermächte, nun auch ihrerseits das Menschenrecht auf persönliche Freiheit an allen noch gefangenen Deutschen zu verwirklichen. Es wurde eine Kriegsgefangenen-Gedenkwoche vom 20. bis zum 26. Oktober 1952 vorgesehen.
Die Gestaltung der Woche war den Ortsverbänden überlassen. Es gab vielfältige Vorschläge: Mahnfeuer, Mahntafeln, Kundgebungen, Verkehrsstille nach Sirenenton, Glockengeläut der Kirchen, Erwähnung der Kriegsgefangenen im Fürbittengebet, Schweigemärsche und Beflaggung der öffentlichen Gebäude auf halbmast. Die Ortsverbände konnten einen Tag dieser Woche als besonderen "Tag der Treue" hervorheben. Wedel bestimmte dafür Donnerstag, 23. Oktober 1952, den Tag der Einweihung des Heimkehrerdenkmals.
Schon im Mai 1952 trat der Ortsverband Wedel des Heimkehrerverbandes an die Stadt heran, eine Mahntafel am Rathaus anzubringen mit den Namen der noch vermissten Wedelern unter der Zeile "Wir warten auf Euch". Vom Juli an befasste sich der Magistrat mit diesem Vorschlag. Es war natürlich auch eine Frage der Kosten. Insgesamt standen aus drei verschiedenen Quellen 500 Mark zur Verfügung.
Von den vier Vorschlägen bekam Egon Lissow am 30. September 1952 den Zuschlag. Er berechnete nur die Materialkosten, den Handwerkerlohn und die Transportkosten der Gedenktafel, stellte aber seine künstlerische Ausgestaltung nicht in Rechnung. So konnte der Rahmen von 500 Mark eingehalten werden. Nun drängte die Zeit, waren es doch nur noch knapp drei Wochen bis zur Gedenkwoche. Am 22. Oktober wurde abends die noch verhüllte Gedenktafel links neben dem Rathausportal angebracht, knapp 24 Stunden vor der Einweihung. Wedels Stadtverwaltung hatte schnell gearbeitet, um eine eindrucksvolle Einweihung am 23. Oktober zu gewährleisten. Um 19 Uhr begann diese auf dem Rathausplatz unter großer Beteiligung der Bevölkerung. Von Ferne läuteten die Glocken, Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr hielten die Ehrenwache, Fackelträger flankierten die Gedenktafel, in den Schalen zweier Pylone brannten Mahnfeuer, die Flaggen vor dem Rathaus wehten auf halbmast. Bürgervorsteher und Bürgermeister hielten Ansprachen. Dann wurde das Denkmal enthüllt. Es zeigte im Sandsteinrelief zwei Gefangene hinter Stacheldraht, die auf einander zugehen. Darunter stand die Inschrift "Kriegsgefangene in ihrer Not rufen Euch, 1952".
Die Einweihungsfeier beschloss der Spitzerdorfer-Schulauer Männerchor mit dem Lied "Die Himmelrühmen des Ewigen Ehre". Dann formierte sich die Menge zu einem Schweigemarsch vom Rathausplatz durch die Straßen des Zentrums zu Köhlers Gasthof, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Von Fackelträgern flankiert und unter dem dumpfen Trommelwirbel und Paukenschlag des TSV-Spielmannzugs zog der Schweigemarsch durch die Straßen. In Köhlers Gasthof eröffnete ein Collegium Musicum die Veranstaltung mit Beethovens Egmont-Ouvertüre, das Hauptreferat hielt der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Fritz Krieger über das Thema "Gebt Kriegsgefangene frei!" Am Schluss sang die Versammlung die dritte Strophe des Deutschlandliedes.
Die Stadt Wedel und der Heimkehrer-Ortsverband hatten einen eindrucksvollen "Tag der Treue" gestaltet. Fünf Zeitungen des Hamburger Raumes und der NDR waren zur Berichterstattung geladen worden. In den folgenden Jahren verloren die Kriegsgefangenen-Gedenkwochen in der Bevölkerung an Resonanz. Als 1955 Konrad Adenauer in persönlichen Verhandlungen mit der Sowjetregierung die Freilassung der letzten deutschen Kriegsgefangenen durchgesetzt hatte, verlor die Woche ihre gedankliche Substanz und wurde nicht wiederholt.
Text: Thies Bitterling, 2010

Das Vertriebenen-Denkmal am Hans-Böckler-Platz - Eine Spurensuche von Dr. Thies Bitterling

Das Mahnmal "Deutscher Osten" am Hans-Böckler-Platz vom Bildhauer Fritz Düring
Das Mahnmal "Deutscher Osten" am Hans-Böckler-Platz vom Bildhauer Fritz Düring

Der 22. September 1957, der "Tag der deutschen Heimat", an dem das Wedeler Vertriebenenmahnmal eingeweiht wurde, war kein sonniger Spätsommertag, sondern regnerisch, nasskalt und neblig. Wedel litt unter den Ausläufern eines Tiefs, das zwei Tage vorher im Atlantik das deutsche Segelschulschiff Pamir kentern ließ. Das ungewisse Schicksal der Besatzung und der Seekadetten beschäftigte damals ganz Deutschland. So kamen auch nur etwa tausend Menschen auf dem Hans-Böckler-Platz zusammen, um die Einweihung des Denkmals mitzuerleben.
Dieser Platz war nicht ohne Grund für das Denkmal gewählt worden, stand es doch mitten im größten Neubauprojekt Wedels, der Gartenstadt, mit dem das Elbhochufer vom Schulauer Fährhaus bis zum HEW-Kraftwerk erstmals geschlossen überbaut wurde. Als Bewohner hatte man vornehmlich an Flüchtlinge und Vertriebene, an Ausgebombte und Spätheimkehrer gedacht. Von 1954 bis 1957 hatte der Aufbau dieses Stadtteils gedauert, ein Hochhaus bildete den markanten Mittelpunkt der Siedlung. Die Benennung der neuen Straßen nach ostdeutschen Städten sollte bewusst an die Veranlassung dieses Projektes erinnern. Mit der Fertigstellung der Gartenstadt war die Wohnungsknappheit in Wedel noch keineswegs beseitigt.
Erst 1966 wurde die letzte Wohnbaracke im Stadtgebiet abgerissen. Wedel verwirklichte mit der Gartenstadt eine politische Absicht, die von der Bundesregierung gefördert wurde. Galt es doch, durch die Ermöglichung einer beruflichen Existenz und die Bereitstellung menschenwürdigen Wohnraums nicht provisorisch, sondern auf Dauer aus Millionen Ostdeutscher Millionen Westdeutsche zu machen. Andererseits pochte die Bundesregierung darauf, dass die Oder-Neiße-Grenze durch keinen gültigen Friedensvertrag abgesichert war, also eine Rückkehr der Flüchtlinge theoretisch immer noch gefordert werden konnte. Ein Faktum, das die Vertriebenenverbände immer wieder betonten. In diesem unklaren Zwischenraum zwischen politischer Wirklichkeit und historischem Anspruch steht dieses Denkmal, und man sieht es ihm an. Finanziert wurde das Denkmal durch die an der Gartenstadt beteiligten Wohnungsbaugenossenschaft, durch Spenden der Wedeler Geldinstitute und Betriebe, aber auch aus Spenden der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge.
Das Mahnmal wird beherrscht von der hochgereckten Jünglingsfigur des Rissener Bildhauers Hans Twesten, der eine Taube aus seiner Hand nach Osten entlässt. Eine Heimat kundige Brieftaube? Eine Friedenstaube? Die Gestalt flankiert von zwei niedrigen Sandsteinmauern, die selben Namen von Landschaften, Städten und Provinzen jenseits der Oder und Neiße auf ihrer Vorderseite tragen: Ostpreußen, Westpreußen, Danzig, Pommern, Wartheland, Schlesien, Sudetenland. Unter dem Jüngling steht das Bekenntnis: "Heimat, wir bleiben Dir treu!" Wie soll man das verstehen? Heimat, wir vergessen Dich nicht? Heimat, wir kommen wieder? Wenn man die sieben geographischen Namen wirklich ernst nimmt, stellt dieses Denkmal die territorialen Verlusten von zwei Weltkriegen in Frage, nicht nur die Ergebnisse von 1945.
Böser Wille kann eine aggressive Tendenz hineininterpretieren, besonders, wenn in der Einweihungsfeier ein Wedeler Stadtrat erklärte, dass die Kinder der Ostdeutschen Ostdeutsche bleiben würden, selbst wenn sie in Westfalen geboren seien. Mit ihnen gemeinsam würden die Söhne der Franken, Schwaben und die Jugend anderer deutscher Gaue wieder die deutschen Ostgebiete besiedeln. Nach jedem Ende hat es einen Neuanfang gegeben.
Den geschichtlichen Neuanfang haben aber die Anerkennung der bestehenden Grenzen, die deutsche Wiedervereinigung und die Aufnahme Polens in die EU gegeben. Die Generation der Vertriebenen ist mit ihren Schmerzen sehr alt geworden oder bereits verstorben, aber die Grenzen sind in ungeahnter Weise wieder offen. Wer es will, kann die Schönheiten der alten, ostdeutschen Gebiete bereisen, so oft er möchte. Russische und polnische Namen bereichern das Musikleben Wedels, Wedeler Klassen besuchen polnische Partnerklassen in Ostpreußen, polnische Schüler aus Masuren verbringen erlebnisreiche Tage in Wedel.
Der Jüngling des Denkmals sollte seine Taube gar nicht erst fliegen lassen, denn die neue Heimat von Deutschen und Polen heißt heute Europa.
Text: Thies Bitterling, 2010

Ochsenmarktbrunnen

Ochsenmarktbrunnen
Ochsenmarktbrunnen von Egon Lissow

Im April 1984 konnte die Wedeler Bevölkerung vor der damaligen Zweigstelle der Stadtsparkasse Wedel am Markt den Ochsenmarktbrunnen einweihen.
Fünf Jahre zuvor hatte sich beim Empfang zum 50jährigen Jubiläum des Fahrrad- und Elektrogeschäftes von Langbehn in der Rolandstraße eine Gruppe aktiver Bürger zusammengefunden, die sich für die Aufstellung eines Brunnen in der Wedeler Altstadt engagierten. Aus der Gruppe heraus wurden spontan 2.000 DM zusammengebracht, die im Laufe der folgenden Monate fleißig durch Spenden von Wedeler Bürgern und Geschäftsleuten aufgestockt wurden. Nachdem die Stadt Wedel zu den Gesamtkosten von 42.000 DM noch 10.000 DM dazu gab, konnte das Kunstwerk des Bildhauers Egon Lissow am 24.04.1984 der Öffentlichkeit übergeben werden.

Erinnerungsplakette für Helma Steinbach

Steinbachsiedlung
Milich-Siedlung

Im Juni 1930 wurde die Arbeitersiedlung des Kraftwerkes Schulau feierlich eingeweiht.
Dabei enthüllten der Altonaer Oberbürgermeister Brauer, Vorsitzender des Aufsichtsrates des Kraftwerkes Unterelbe und zahlreiche Gäste eine Plakette, die an die Altonaer Gewerkschafterin Helma Steinbach erinnert. Helma Steinbach (1847 – 1918) galt als Vorkämpferin für die Sozialpolitik Deutschlands und war, so betonte die sozialdemokratische Abgeordnete im Reichstag Louise Schröder in ihrer Rede, eine Frau, die sich vehement für die Staatsbürgerrechte von Frauen einsetzte. Die Gedenkplakette aus Bronze am ersten Gebäude der Milichstraße wurde vom Bildhauer Professor August Henneberger geschaffen und zeigt die Gesichtszüge dieser bedeutenden Frau. Dieser schuf um 1951 erneut ein Bronzerelief für die Siedlung – möglicherweise hat das erste Kunstwerk die Kriegswirren nicht unbeschadet überstanden.

Der „Wappenträger“ von Hans Lissow

Wappenträger
Der Wappenträger am Rathaus

Am 03.03.1937 wird am Giebel des Neubaus des Rathauses der „Wappenträger“, eine Skulptur des Wedeler Bildhauers Hans Lissow angebracht.
Die Figur ist aus „Obernkirchener Sandstein“ angefertigt. Dieser Werkstoff, abgebaut in einem Steinbruch am Bückeberg im Landkreis Schauenburg, wurde bereits im 16. Jahrhundert zur Fertigung des Wedeler Rolands genutzt. In manchen Schichten des Sandsteins sind Fossilien eingeschlossen, sogar Schichten mit Dinosaurierspuren konnten im Steinbruch entdeckt werden. Aus den Steinen wurden schon sehr bedeutende Bauten errichtet. So stammen Teile des Aachener und des Kölner Domes, des Schlosses Rosenborg in Kopenhagen, des Katharinenpalastes in Zarskoje Selo bei Sankt Petersburg in Russland oder auch des „Weißen Hauses“ in Washington (D.C.) aus diesem Steinbruch. Der Steinmetz Hans Lissow (1904-1942) wohnte in der Blücherstraße 6, der späteren Beethovenstraße in Schulau und verstarb im Zweiten Weltkrieg in Russland. Neben der Giebelfigur am Rathaus, ein Seemann, der das Stadtwappen in seinen Händen hält, schuf Hans Lissow auch die Ur-Version des Friedrich-Ebert-Gedenksteins.

Denkmal zur Mahnung an das geteilte Berlin

Berlin-Wegweiser
Berlin-Wegweiser auf dem Rathausplatz

Spenden aus der Bevölkerung machten die Aufstellung des Symbols möglich, dass an die Verbundenheit mit Berlin und dem Deutschland jenseits der „Zonengrenze“ erinnern sollte.

Das Tageblatt berichtete von der mitternächtlichen Feierstunde, in der Bürgermeister Gau den Richtungsweiser der Öffentlichkeit übergab, während die Stadträte Voigt und Jungblut an einer „Opferschale“ neben dem Mahnmal mit Fackeln die „Ehrenwache“ hielten. In einer bewegenden Ansprache erläuterte der Bürgermeister die Geschichte des Feiertages und ließ die Vorgänge des 17. Juni 1953 in Berlin und der Deutschen Demokratischen Republik Revue passieren. Damals war es aufgrund der Verschärfung der Lebensumstände in der DDR (Verknappung der Lebensmittel und Anhebung der vorgegebenen „Arbeitsnormen“) in vielen Städten zu spontanen Arbeitsniederlegungen und Unruhen unter den Beschäftigten gekommen. Die DDR-Regierung flüchtete in die Regierungseinrichtungen, auch die Nationale Volksarmee konnte den Aufstand nicht niederschlagen. Die sowjetischen Behörden hingegen riefen den Kriegszustand aus, ließen 16 Divisionen aus den Kasernen ausrücken und beendeten den Aufstand blutig. Über die Anzahl der Opfer gab es unterschiedliche Angaben. Gab die DDR eine Zahl von 29 Toten an, mutmaßte die Bundesrepublik beinahe 500 Tote. Tatsächlich aber lag die Anzahl der Opfer bei 55. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland reagierte sofort mit heftigen Protesten und kurze Zeit später wurde der Tag zum gesetzlichen Feiertag erklärt. Dieser wurde zwar mit der Vereinigung vom „Tag der Deutschen Einheit“ am 3. Oktober abgelöst, ist aber heute noch immer nationaler Gedenktag.

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